Forscher: Gehirn-Immunzellen können Depressionen auslösen

Immunzellen im Gehirn (Mikroglia) verschulden mitunter negative Gemütszustände, berichtet der österreichische Psychologe Michael Fritz mit Kollegen. Eine Studie erschien nun in der Fachzeitschrift „Immunity“.

Immunzellen im Gehirn senden ein Hormon (Prostaglandin E2) aus, das die Aktivität der umliegenden Nervenzellen dämpft und lösen dadurch Depressionen aus, fanden die Forscher bei Mäusen heraus. „Es gibt eine Gruppe von depressiven Menschen, die ein klinisch auffälliges Entzündungsprofil zeigt, ohne dass es dafür eine Erklärung gibt, wie etwa eine akute Infektion“, erklärte Fritz der APA. Bei solchen Patienten würden auch oft Antidepressiva nicht wirken. Mit diagnostischen Mitteln war es bei Menschen bisher nicht zu klären, ob die Entzündungsreaktionen Ursache des depressiven Verhaltens ist, oder die Mikroglia als Folge der Depressionen aktiviert werden, sagte er.

Ein Team um Michael Fritz, Anna Klawonn und David Engblom untersuchte deshalb an der Linköping Universität in Schweden das Phänomen in Tierversuchen. Sie aktivierten die Mikrogliazellen in Mäusehirnen und beobachteten, was passiert. Diese Gehirn-Immunzellen produzieren dann eine große Menge an Entzündungsbotenstoffen und senden sie aus, so Fritz, der mittlerweile an der Universitätsklinik Ulm (Deutschland) forscht und als klinischer Psychologe arbeitet. Einer dieser Botenstoffe ist Interleukin-6, der laut einer Studie bei Menschen erhöht ist, die wegen akuter Selbstmordgefahr ins Krankenhaus gebracht werden. Je stärker die Suizid-Intention bei den Patienten war, desto höher seien diese Werte gewesen, berichtet er.

Neben Interleukin-6 schütten die aktivierten Mikrogliazellen auch das Hormon Prostaglandin E2 aus und reduzieren damit die Erregbarkeit der umliegenden Nervenzellen im Gehirn. Die Tiere zeigten daraufhin Unlust, süßen Zuckersaft zu schlecken, und eine Abneigung dagegen, einen Raum zu erforschen, in dem sie schon eine unangenehme Erfahrungen gemacht haben. Wenn die Forscher die Mikrogliazellen jedoch wieder hemmten, war dies nicht mehr der Fall. Bei Menschen könnten die Mikroglia etwa durch virale Entzündungen, chronische Erkrankungen oder Krebs aktiviert werden, sagt Fritz: „Vor allem Infektionen, die eher mild oder kaum bemerkt verlaufen sind mit einer Manifestation von Depression im späteren Leben assoziiert.” Dazu gehören etwa Infektionen mit Herpes-simplex-Viren, die Fieberblasen verursachen, Epstein-Barr-Viren, die Krebs auslösen können, und Varizella-Zoster-Viren. „Warum solche Infektionen aber bei manchen zu Depressionen führen, in der großen Mehrzahl der Menschen aber nicht, muss wissenschaftlich erst geklärt werden“, erklärte der Forscher. (APA)

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