HIV: Neue Impfung schützt vor Infektion

© Adobe Stock – Prostock-Studio

Eine Depotspritze gegen HIV liefert in einer Phase-3-Studie vielversprechende Ergebnisse. Damit könnte ein Durchbruch in der HIV-Infektionsprophylaxe kommen. 

Eine halbjährliche Impfung mit dem Arzneistoff Lenacapavir schützt effektiv vor einer Infektion mit HIV. Das bestätigen Daten der zulassungsrelevanten Phase-3-Studie „Purpose 2“, die im „New England Journal of Medicine“ vorgestellt werden. Lenacapavir reduzierte das Infektionsrisiko damit um 96 Prozent gegenüber der Hintergrundinzidenz. Damit sei ein echter Durchbruch gelungen, lobte Astrid Berner-Rodoreda vom Universitätsklinikum Heidelberg. Als Depotspritze schützt der Wirkstoff anhaltend vor einer Infektion mit HIV, alle sechs Monate ist eine Auffrischung vorgesehen – bisher verwendete Mittel zur HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP) wie Truvada müssen täglich als Tablette genommen werden. Sich zweimal jährlich impfen zu lassen, sei einerseits komfortabler als täglich an die Einnahme einer Tablette denken zu müssen, und andererseits einfacher geheim zu halten, um Diskriminierung zu vermeiden, sagte Berner-Rodoreda. 

Das Mittel soll prophylaktisch Menschen mit hohem HIV-Infektionsrisiko angeboten werden. Es hemmt den Lebenszyklus des Virus in mehreren Stadien der Infektion. Von der Effizienz her sei Lenacapavir mit Truvada vergleichbar, erklärte Max von Kleist von der Freien Universität Berlin. Beide böten einen hervorragenden, nahezu kompletten Schutz. Lenacapavir ist in der EU bereits zur virushemmenden Behandlung bestimmter Patient:innen zugelassen, die schon infiziert sind. Die Frage ist, ob es für die, die es am meisten brauchen, bezahlbar sein wird. Dabei gebe es ein Problem: Zur Behandlung bei bestehender Infektion eingesetzt koste Lenacapavir in den USA rund 42.000 Dollar pro Jahr – in dieser Größenordnung wäre es für Menschen in ärmeren Ländern unbezahlbar. Es sei zentral, dass der Zugang für solche Staaten ermöglicht werde, in denen das Mittel wirklich dringend gebraucht werde, betonte Berner-Rodoreda. 

Bei wem und unter welchen Lebensumständen die Wahl auf Lenacapavir fallen sollte, müsse jeweils gut abgewogen werden, ergänzte von Kleist. Denn es gebe – wie generell bei solchen Wirkstoffen – das Risiko der Bildung von Resistenzen. Speziell bei Lenacapavir sei das Problem, dass der Wirkstoff nach einem Stopp der Impfungen noch etwa ein Jahr im Körper nachzuweisen sei. Womöglich müsse nach dem Absetzen von Lenacapavir noch ein Jahr lang Truvada genommen werden, um die Bildung von Resistenzen bei einer Ansteckung in diesem Zeitraum zu verhindern, meinte von Kleist.  

In Österreich leben etwa 9.000 Menschen mit HIV. Laut dem Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien wurden im vergangenen Jahr 401 Neuinfektionen registriert. Damit bleibt die Infektionsrate ähnlich hoch wie in den Vorjahren, mit 300 bis 500 Neudiagnosen pro Jahr. Nach einem am Dienstag vorgestellten UNO-Bericht steigt in 28 Ländern die Zahl der HIV-Ansteckungen. Weltweit leben 39,9 Millionen Menschen mit dem Virus, der Großteil in Afrika südlich der Sahara, wie das UNO-Programms UNAIDS mitteilte. 2023 seien 630.000 Menschen im Zusammenhang mit Aids gestorben, 1,3 Millionen Menschen hätten sich neu mit dem HI-Virus infiziert. (red/APA)