HPV: Wo Lücken in der Krebsprävention sind

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Mit der Impfung gegen das Humane Papilloma Virus (HPV) könnten alle durch diese Viren ausgelösten Krebserkrankungen verhindert werden. Eine aktuelle Studie zeigt, dass Österreich bei weitem noch nicht am Ziel ist.

Praktisch alle Fälle von Gebärmutterhalskrebs, 88 Prozent der Analkrebs-Erkrankungen, 78 Prozent der Fälle von Vaginalkarzinomen und die Hälfte der Peniskarzinom-Erkrankungen sowie 30,8 Prozent der HNO-Karzinome haben eine Ursache: Infektionen mit dem durch Sexualkontakte übertragenen HP-Viren. In Österreich werden pro Jahr allein rund 400 Gebärmutterhalskarzinome diagnostiziert, rund 170 Frauen sterben daran. Im Jahr 2022 wurde bei 1.360 Personen ein Karzinom im Hals- oder Kopfbereich festgestellt. Die Zahl der Todesopfer lag bei knapp unter 600.

„Weltweit waren im Jahr 2020 rund 350.000 Todesfälle auf Gebärmutterhalskrebs zurückzuführen“, schrieben jetzt Maarten Postma, Experte für Pharmaökonomie an der Universität Groningen, und zwei Co-Autorinnen in einem neuen Bericht des niederländischen Beratungsunternehmens ASC Academics mit Finanzierung des US-Pharmakonzerns Merck, Sharp und Dohme (MSD) zur Bestimmung des Werts von Präventivmaßnahmen rund um HPV. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat zum Gebärmutterhalskrebs folgende Ziele für 2030 gesetzt, so die Autor:innen: „90 Prozent aller Mädchen sollten bis zum Alter von 15 Jahren gegen HPV geimpft sein, 70 Prozent der Frauen bis zum Alter von 45 in die Zervixkarzinom-Früherkennung kommen, 90 Prozent der Frauen mit Krebs-Vorstufen oder Karzinomen eine Behandlung erhalten.“

Aufgrund seiner guten Gesundheitsversorgung liegt Österreich mit einer Gebärmutterhalskrebs-Mortalität von 1,8 pro 100.000 Frauen (altersstandardisiert) an dritter Stelle nach Saudi-Arabien (1,3) und den Niederlanden (1,6), zum Beispiel auch vor Deutschland (2,2/100.000). Doch während Österreich bei den Screening-Untersuchungen unter den 30- bis 49-jährigen Frauen mit über 90 Prozent ähnlich gut wie Frankreich, Deutschland, die Niederlande oder Polen in den Grafiken des Reports aufscheint, ist Österreich mit einer Durchimpfungsrate von grob etwas mehr als der Hälfte bei den unter 15-Jährigen nur im Mittelfeld (Mexiko: fast hundert Prozent, Niederlande bei etwa 65 Prozent, Brasilien bei rund 70 Prozent.

Die HPV-Impfstoffe, die zuverlässig vor den Infektionen schützen (derzeit zwei Teilimpfungen) gibt es seit 2006/2007. 2014 wurde die Immunisierung in Österreich in das Gratis-Impfprogramm für Heranwachsende aufgenommen. Seit 1. Juli 2024 gilt dieses Angebot für alle Personen vom neunten bis zum 30. Lebensjahr. Noch bis Ende des Jahres kostenlos ist die Impfung für die 21- bis 30-Jährigen. Damit sollen Lücken geschlossen werden. Laut den aktuellen Zahlen aus Österreich (2024) gibt es aber weiterhin Aufholbedarf: So hatten unter den 14-Jährigen 63 Prozent der Heranwachsenden zumindest eine Dosis der Vakzine erhalten, aber nur noch 52 Prozent auch die zweite Dosis. Bei den Mädchen traf das auf 73 Prozent (eine Impfung) zu, 60 Prozent hatten auch die zweite Impfung bekommen (Buben: nur 53 bzw. 44 Prozent). Mit einem Anteil von 76 Prozent sticht das Bundesland Wien (beide Geschlechter) unter den 14-Jährigen mit der höchsten Impfrate (zwei Impfdosen) als Spitzenreiter hervor (Steiermark, Tirol und Vorarlberg zwischen 51 und 56 Prozent). Niederösterreich, Oberösterreich, Kärnten und das Burgenland weisen Durchimpfungsraten von 40 bis 48 Prozent auf. Mit 29 Prozent liegt Salzburg laut den Angaben (HPV Cockpit Österreich) an letzter Stelle.

Die niederländischen Gesundheitsökonom:innen haben in einem Detailbericht auch berechnet, welche direkten Gesundheitskosten Österreich durch von HPV verursachte Karzinome erwachsen: insgesamt rund 26,7 Millionen Euro (2024), von denen allein rund 12,6 Millionen Euro auf Patientinnen mit Gebärmutterhalskrebs entfallen. Diesen Kostenfaktor könnte die Impfung zu hundert Prozent beseitigen. Ähnliches (88 Prozent) gilt beispielsweise für Analkarzinome (4,9 Millionen Euro). Nicht eingerechnet werden konnten die indirekten Kosten der Karzinomerkrankungen durch HPV: Krankenstände, Pflegebedarf, Einkommensverluste und viele andere Faktoren. (red)