Immer mehr Länder melden 2. Welle – Ärzte in Umfrage besorgt

Oberflächen-Proteine des Virus (rot) können an Proteine auf der Oberfläche menschlicher Zellen (blau) andocken. Durch dieses Schlüssel-Schloss-Prinzip dringt der Virus in eine Zelle ein und infiziert sie. © buero bauer

Jetzt verdichten sich die Anzeichen auch auf eine zweite Corona-Welle in Kroatien und Portugal. Dort gibt es wieder einen Lock-Down in Lissabon. Virologin sieht aktuell keine zweite Welle in Österreich. Eine RELATUS-Umfrage zeigt aber, dass die Besorgnis bei Ärzten steigt. Sie sehen Österreich auch zu wenig vorbereitet.

Da in Österreich derzeit keine COVID-19-Cluster mit annähernd der Größe wie jener in Nordrhein-Westfalen auftreten, schätzt die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl von der Medizin-Universität Wien die Chance auf eine zweite Erkrankungswelle aktuell gering ein. „Wir sind davon ein Stück entfernt“, sagte sie. Kleinere Cluster wie in Salzburg zeigen aber: „Das Virus ist da.“ Ein Szenario einer vielfach diskutierten zweiten Welle würde durch relativ viele Fälle, „die so im Untergrund laufen“, verursacht. „An die Oberfläche kommt“ dann eine gesteigerte Anzahl an symptomatischen Fällen. Übersteigt diese Anzahl wiederum etwa die Kapazitäten der Kontaktverfolgung „und man kommt mit den Cluster-Testungen nicht mehr nach“, hätte man es tatsächlich mit einer zweiten Welle zu tun, sagt Puchhammer-Stöckl zur APA.

Ganz anders sei die Situation offenbar in den vom massiven Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies betroffenen westfälischen Landkreisen Gütersloh und Warendorf. Hier scheint es nicht mehr möglich zu sein, allen Fällen auch nachzugehen. Das Verhängen der Quarantäne über die Kreise war dort vermutlich „alternativlos“. In Deutschland müsse nun alles daran gesetzt werden, damit der lokale Ausbruch nicht größere Landesteile erfasst, so die Wissenschafterin vom Zentrum für Virologie der MedUni Wien. Dass Österreich nun eine Reisewarnung für Nordrhein-Westfalen ausgegeben hat, sei „sinnvoll und absolut richtig“.

Wegen einer Zunahme der Coronavirus-Infektionen müssen auch weite Teile des Großraums Lissabon am 1. Juli zwei Wochen lang wieder in den Lock-Down. Das gab der portugiesische Ministerpräsident Antonio Costa am Donnerstag bekannt. Die Bewohner und Bewohnerinnen der 19 betroffenen Gemeinden werden demnach nur noch aus dem Haus gehen dürfen, um Einkäufe zu tätigen, zur Arbeit zu fahren oder einen Arzt aufzusuchen.

In Kroatien ist ebenfalls ein neuer Anstieg von Neuinfektionen mit dem Coronavirus verzeichnet worden. Insgesamt 95 Fälle wurden binnen 24 Stunden bestätigt, teilte der Zivilschutzstab am Donnerstag mit. Das ist der zweithöchste Wert seit Beginn der Corona-Pandemie, berichteten kroatische Medien. Mehr Neuinfektionen an einem Tag gab es nur noch am 1. April mit 96 Fällen.

Auch in Österreich sind die Ärzte nach wie vor skeptisch – das zeigt zumindest die wöchentliche RELATUS-Umfrage. Die Onlineumfrage ist zwar eine Momentaufnahme und nicht zwingend repräsentativ, – sie gibt aber ein Bild der Stimmung in der Ärzteschaft. So glauben 49 % dass die Lockerungen zu früh kommen. Nur 11 % halten eine zweite Welle für unwahrscheinlich und immerhin 34 % sind der Meinung, dass das Land nicht für eine zweite Welle gerüstet ist. (Mehrfachantworten waren möglich). (rüm)