Industrie sieht Corona-Impfstoff als „öffentliches Gut“

Die internationale Impfallianz Gavi hat Regierungen und Gesundheitsorganisationen zu frühen Abmachungen über den fairen Zugang zu einem künftigen Corona-Impfstoff aufgerufen.

„Wir sollten daran denken, einen solchen Impfstoff als weltweites öffentliches Gut zu betrachten“, sagte Gavi-Geschäftsführer Seth Berkley in einem Videogespräch mit deutschen Journalisten. Der öffentliche Sektor müsse deshalb Entwicklung, Produktion und Verteilung finanzieren – mindestens für eine bestimmte Zeit. Danach könne der Impfstoff zurück an kommerzielle Produzenten gehen. Er könne dann mit unterschiedlichen Preisen an die Lage in einzelnen Staaten angepasst werden, aber auch mit einer „vernünftigen Gewinnmarge“ versehen sein. Der französische Impfstoffhersteller Sanofi-Pasteur warnte vor internationalen Spannungen. „Wer als erster den Impfstoff hat, kommt als erster aus der Wirtschaftskrise“, sagte Firmenchef David Loew der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die Wirtschaftsblöcke würden die Impfstoff-Entwicklung und Herstellung auf ihren eigenen Territorien fördern, doch ihre Ergebnisse nicht teilen. „Die Vereinigten Staaten werden sagen: Wir haben das finanziert, wir brauchen das jetzt für uns. Bei den Chinesen wird es ähnlich sein.“ Loew sagte, Europa brauche daher einen „Risikopakt“, der seinen Herstellern Garantien und finanzielle Unterstützung zukommen lasse. Angesichts des großen Bedarfs drohten Engpässe bei Abfüll- und Verpackungsanlagen, bei Spritzen und bei einigen Rohstoffen.

Die Impfallianz Gavi rechnet damit, dass binnen zwölf bis 18 Monaten ein Impfstoff verfügbar ist. Mit Glück und den bereits vereinfachten Auflagen könne es auch schneller gehen, sagte Berkley. Die Allianz wurde vor 20 Jahren beim Weltwirtschaftsforum in Davos aus der Taufe gehoben. Nach eigenen Angaben hat sie seither mehr als 760 Millionen Kinder geimpft und mehr als 13 Millionen Leben gerettet. Der Gavi-Geschäftsführer nannte „wichtige Herausforderungen“, für die möglichst internationale Übereinstimmung erzielt werden müsse. „Die erste ist es, genug Impfstoff für jeden bereitzustellen.“ Dabei müsse es Prioritäten und einen Verteilmechanismus geben. (APA)