Intensivmediziner warnen vor Corona-Fehleinschätzungen

In der Debatte um die intensivmedizinischen Kapazitäten für COVID-19-Patienten und das Gefahrenpotenzial von SARS-CoV-2 haben Experten am Dienstag vor Fehleinschätzungen gewarnt. Es gebe keinen Grund zur Entwarnung.

Die Infektionszahlen dürften nicht weiter steigen, betonten drei intensivmedizinische Fachgesellschaften in einer gemeinsamen Presseaussendung. Hinsichtlich der Ressourcensituation für schwere Krankheitsfälle gebe es „keinen Grund für Entwarnung“. Grundsätzlich sei es zu begrüßen, dass die Frage der intensivmedizinischen Ressourcen während der Corona-Pandemie einen wichtigen Stellenwert in der öffentlichen Diskussion einnimmt, hielt Klaus Markstaller, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI), fest. Allerdings werde diese häufig „mit Argumenten außerhalb der intensivmedizinischen Fachexpertise“ geführt.

Markstaller, Michael Joannidis, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Internistische und Allgemeine Intensivmedizin und Notfallmedizin (ÖGIAIN), und Andreas Valentin, Präsident des Verbands der intensivmedizinischen Gesellschaften Österreichs (FASIM), bezeichneten die aktuelle Corona-Situation in Österreich als „weiterhin sehr besorgniserregend“. Die Zahl der Spitalspatienten, die in den vergangenen zwei Monaten aufgrund einer COVID-19-Erkrankung auf einer Normalstation aufgenommen wurden, sei von 118 auf 561 gestiegen, bemerkten die Experten. Die Anzahl der Intensivpatienten habe sich fast vervierfacht. Zwischen 12. August und 12. Oktober erhöhte sie sich von 25 auf 97. Beinahe jede fünfte Person, die wegen einer Infektion mit SARS-CoV-2 stationär aufgenommen werden muss, benötige eine intensivmedizinische Behandlung, gaben die Intensivmediziner zu bedenken.

„Nicht nachvollziehen“ konnte Markstaller Aussagen, wonach sich im Vergleich zum Frühjahr die Behandlungsmöglichkeiten von COVID-19-Patienten dramatisch verbessert hätten. „Tatsache ist, dass wir seit Beginn der Pandemie sehr viel über diese Erkrankung, die zunächst eine große Unbekannte war, gelernt haben und weiter lernen. Es ist aber auch so, dass große therapeutische Durchbrüche mit experimentell eingesetzten Substanzen, auf denen viele Hoffnungen ruhten, so bisher nicht eingetreten sind“, meinte der ÖGARI-Präsident. (APA/red)