Kommentar: Bundesländer als Corona-Chaoten?

Martin Rümmele ist Chefredakteur von Relatus.

Die Länder pfeifen auf den Bund: Während Vorarlberg bereits 3000 Spitalsbeschäftigte impft, hat Kärnten gerade einmal 400 Impfdosen abgerufen. Salzburg und Niederösterreich wiederum weigern sich die Ergebnisse von Antigentests an den Bund zu melden, weil sie Doppelzählungen fürchten.

Weil der Großteil der Gesundheitsversorgung über die Bundesländer geregelt ist und das Gesundheitsministerium vor allem für gesetzliche Rahmenbedingungen zuständig ist, machen die Länder in Sachen Corona-Maßnahmen ihr eigenen Pläne. Und die führen letztlich zu ganz unterschiedlichen Infektions- und Spitalszahlen aber auch zu einer unterschiedlichen Impfstrategie. So hat zwar das nationale Impfgremium einen Plan ausgearbeitet, wer wann geimpft werden soll, doch die Länder gehen eigene Wege. Die Folge: es gibt in Österreich zehn Impfkonzepte – neun in den Ländern und eines im Bund.

Sichtbar wurde das etwa als Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) vor Weihnachten erklärte, dem Corona-Impfungen skeptisch gegenüber zu stehen. Die Zulassung durch die EU-Arzneimittelbehörde EMA war ihm zu wenig. „Welche Nebenwirkungen gibt es? Was bedeutet die Impfung für Allergiker? Ist die Impfung gentechnisch verändert oder nicht? Kann ein Geimpfter Überträger sein? Ist die Impfung nur so, dass der Verlauf gedämpft wird?“, fragte er. Die Antworten hätte er im Zulassungsantrag gefunden. Doskozil erklärte viel lieber „bei diesen Show-Impfungen“ zum Start nicht mitmachen zu wollen, begann dann aber doch am 27.12. Ganz anders Kärnten: Trotz bundesweit zweithöchsten Infektionszahlen, verkündete Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) erst am 5.1. mit den Impfungen beginnen zu wollen. Doskozil wiederum will mit Jahresbeginn eine eigene Aufklärungskampagne zu den Corona-Impfungen starten.

Bisher sind in Österreich für 15.905 Personen Covid-19-Impfstoffe zur Verimpfung ausgeliefert worden. Diese Zahl hat das Gesundheitsministerium Donnerstagmittag auf APA-Anfrage bekannt gegeben. Interessant dabei ist die Verteilung auf die Bundesländer, welche die Impfdosen bei der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) abrufen müssen. Von den abgerufenen Impfdosen sind mit 5.525 die meisten nach Vorarlberg gegangen. Damit hat das westlichste Bundesland mit einem Anteil von 4,5 Prozent an der Gesamtbevölkerung mehr als ein Drittel der Dosen erhalten. In Wien sind bisher 5.330 Dosen zur Verimpfung gelangt, in Niederösterreich 2.690, in Salzburg 905. Tirol hat 485 Impfdosen erhalten, Oberösterreich 460 und Kärnten 300. Das Burgenland hat 170 Dosen zur Verimpfung bekommen, die Steiermark mit über 1,24 Millionen Einwohnern 40, wobei diese Zahl schon am vergangenen Dienstag gegeben war. Bei der BBG sind bis Donnerstagfrüh 64.920 Impfdosen zum unmittelbaren Gebrauch bestellt worden. Mit Abstand die meisten hat Niederösterreich angefordert (16.030), auf den Plätzen folgen die Steiermark, wo unmittelbarer Bedarf an 8.805 Dosen angemeldet wurde, Vorarlberg (8.490), Wien (7.540), Oberösterreich (5.835), Kärnten und Osttirol (5.800), Tirol (5.310), Salzburg (5.125) und das Burgenland (1.985).

Vorarlberg will über das Wochenende bereits rund 4.000 Impfungen vornehmen. Die Impfdosen sollen dem Gesundheitspersonal an den Spitälern und im niedergelassenen Bereich zur Verfügung stehen. Die Impfungen in den Pflegeheimen sollen dann erst nächste Woche mit Hochdruck fortgesetzt werden Entgegen der Empfehlungen des nationalen Impfgremiums zuerst Menschen in Pflegeheimen, alte Menschen und Risikogruppen zu impfen, werden in Vorarlberg somit auch junge Menschen in Gesundheitsberufen geimpft. In anderen Ländern ist das wiederum anders.

Anderes Beispiel für das Chaos in den Ländern: Niederösterreich und Salzburg sind bei der von der Regierung geplanten Umstellung nicht mitgezogen und haben die Zahl ihrer bisher durchgeführten Antigentests nicht veröffentlicht. Damit ist vorerst unklar, wie viele Testungen insgesamt stattgefunden haben. Das Land Salzburg hat am Montag die nicht erfolgte Meldung der Zahl an bisher durchgeführten Antigentests in die AGES-Teststatistik damit argumentiert, dass man Doppelzählungen vermeiden wolle. Der tatsächliche Hintergrund: Zwar wird im Zuge der Schnelltests in den Salzburger Bezirken derzeit noch jeder Antigentest mit einem PCR-Test bestätigt, künftig soll aber alleine ein Schnelltest ausreichen, um einen Covid-19-Fall zu bestätigen. Salzburg hat derzeit übrigens die höchsten Infektionszahlen aller Bundesländer. (rüm)