Mangel in Kinder- und Jugendpsychiatrie schafft chronisch Kranke

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Die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (ÖGKJP) warnt vor Chronifizierung als eine Folge aufgeschobener Behandlungen.

Während der Personalmangel in der Kinder- und Jugendpsychiatrie österreichweit weiterhin die Norm ist, hat sich der Anteil von Kindern und Jugendlichen mit Belastungen nach zweieinhalb Jahren Corona-Pandemie auf etwa „jeden dritten Jugendlichen“ erhöht. In einer Pressekonferenz warnte Kathrin Sevecke, die Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie (ÖGKJP) vor Chronifizierung als eine Folge der aufgeschobenen Behandlungen. „Wir produzieren durch diesen Mangel chronisch kranke Erwachsene“, ergänzte Helmut Krönke, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie mit eigener Praxis in Wien und Bundesfachgruppen-Obmann in der Ärztekammer.

Schon vor Ausbruch der Pandemie fehlten demnach in Österreich 50 % der benötigen Krankenhausbetten, im Februar 2021 wiesen dann mehr als die Hälfte, nämlich 55 % der Jugendlichen, depressive Symptome auf, 47 % Angstsymptome, 22,8 % litten an Schlaflosigkeit und bei 59,5 % offenbarte sich ein gestörtes Essverhalten. Während bereits die Pandemie schon wie ein Brennglas gewirkt habe, kämen durch den Ukraine-Krieg oder durch drohende Armut weitere Belastungen dazu.

In den Kinder- und Jugendpsychiatrien nimmt man zudem einen Drehtürfeffekt wahr, den Sevecke durch die kurzen Verweildauern erklärt, die dann wegen mangelnden Behandlungserfolgs wieder zu hohen Wiederaufnahmeraten führen. „Psychische Erkrankungen nehmen nicht nur zu, sie werden auch immer komplexer, wie die Bedrohlichkeit der Krisen zunimmt“, ergänzte Judith Noske, Leiterin der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Standort Hinterbrühl des Landesklinikum Baden-Mödling. Laut Noske stehe man vor dem Problem der Triage, also vor der Frage, wie die begrenzten Ressourcen an Behandlungsmöglichkeiten auf die jungen Patienten verteilt werden. Vor diesem Hintergrund fordert die ÖGKJP doppelt so viel Personal in allen Berufsgruppen in der Kinderpsychiatrie sowie eine flächendeckende Psychotherapie für Kinder und Jugendliche auf Krankenschein. (red/APA)