Medikamente: Neue Warnung vor Engpässen   

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Die Zahl der von den EU-Ländern gemeldeten Arzneimittelengpässe hat zuletzt Rekordhöhen erreicht, warnt der EU-Rechnungshof. Ein System, um den Medikamentenengpass zu bekämpfen, fehlt. 

„Arzneimittelengpässe können schwerwiegende Folgen für die Patient:innen haben und die öffentliche Gesundheit gefährden“, sagt Klaus-Heiner Lehne vom Europäischen Rechnungshof und weiter: „Für Ärzt:innen, Apotheken und Länder sind solche Engpässe mit hohen Kosten verbunden.“ Der EU-Rechnungshof warnt daher vor Arzneimittelengpässen, die laut den Prüfenden zuletzt, in den Jahren 2024 und 2023, Rekordhöhen erreicht haben. Dies, während es auf EU-Ebene kein wirksames System gibt, einen Medikamentennotstand zu bekämpfen. Lehne: „Die EU braucht eine wirksame Lösung zur Behebung kritischer Engpässe und muss das Problem an der Wurzel packen, dies ist auch für die strategische Autonomie Europas von großer Bedeutung.“

In Österreich muss ein Mangel an einem verschreibungspflichtigen Medikament gemeldet werden, wenn dieses länger als zwei Wochen nicht verfügbar ist. Zwischen 2022 und Oktober 2024 meldete Österreich acht Engpässe, während die zuständigen nationalen Behörden in den EU-Ländern insgesamt 136 kritische Engpässe an die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) meldeten. Als kritisch gilt ein Engpass, wenn es in einem Land keine Alternative zu einem bestimmten Arzneimittel gibt und die EU um Hilfe gebeten werden muss.

Die Medikamentenengpässe werden laut EU-Kommission dadurch verursacht, dass die Produktion von Medikamenten, besonders von Antibiotika und Schmerzmitteln, größtenteils nach Asien ausgelagert wurde, woraus sich Schwachstellen in den Lieferketten ergeben.

„Wenn schon der Europäische Rechnungshof die mangelhafte Versorgung Europas mit Medikamenten kritisiert, dann ist es wirklich höchste Zeit, etwas dagegen zu tun“, kommentiert Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, die Analyse des Rechnungshofs. „Wir brauchen in Europa, aber auch in Österreich, wirksame Maßnahmen zur Behebung dieses Mangels. Wichtige Medikamente müssen wieder vermehrt in Europa produziert werden, um die Abhängigkeit vom asiatischen Markt zu stoppen. Das gilt besonders auch für die Rohstoffproduktion. Medikamentenengpässe in Europa und in Österreich sind unerklärlich und nicht zu tolerieren.” Aktuell sind 432 Medikamente laut Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) in Österreich nicht oder nur eingeschränkt in der jeweiligen, angeführten Packungsgröße verfügbar. Auf dieser ständig aktualisierten Liste stehen bekannte Medikamente, von Schmerzmitteln bis hin zu Impfstoffen, Magenschutz oder Antibiotika. (sst/rüm)