Mediziner warnen vor Zusammenbruch der 24-Stunden-Pflege

Es brauche rasch eine Lösung für die Versorgung pflegebedürftiger Menschen, warnen die Sektion Allgemeinmedizin der Österreichischen Ärztekammer und die Österreichische Gesellschaft für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin: „Das Zeitfenster für eine flächendeckende Regelung in der Covid-19-Krise schließt sich.“

In den Zeiten vor der Corona-Krise pendelten zirka 70.000 Pflegerinnen und Betreuerinnen für die 24-Stunden-Pflege von den Nachbarländern nach Österreich, zumeist im zweiwöchigen Wechsel mit Kolleginnen. Die meisten dieser Personen kommen aus Rumänien, die zweitmeisten aus der Slowakei, gefolgt von Ungarn, Tschechien, Kroatien und in geringer Zahl aus Slowenien. „Dieses System droht in den kommenden zwei Wochen zusammenzubrechen, da der Grenzübertritt nach Österreich aufgrund der Corona-bedingten Reisebeschränkungen nicht mehr legal stattfinden kann“, warnen Christian Fazekas, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin (ÖGPPM) von der Meduni Graz, und Edgar Wutscher, der Bundesobmann der Sektion Allgemeinmedizin der Österreichischen Ärztekammer und Praktischer Arzt in Sölden.

„Die Mehrzahl der Pflegerinnen war durchaus bereit, länger als ursprünglich geplant bei den von ihnen betreuten Personen ihren Dienst zu versehen. Diese Bereitschaft stößt zunehmend an ihre natürliche Grenze. Die Pflegerinnen wollen in ihre Heimat zurück“, sagt Fazekas: „Das System der durchgehenden Pflege betagter Angehöriger zuhause könnte in den kommenden zwei Wochen weitgehend kippen.“ Verschiedene Betreiber von heimischen Agenturen würden bereits seit Wochen eindringlich warnen. Edgar Wutscher konkretisiert: „Die Pflegerinnen, die von ihnen betreuten Personen und deren Angehörige sind in einer akuten psychosozialen Notsituation, wobei für die Personen mit Pflegebedarf natürlich auch massive gesundheitliche Belastungen und Gefahren drohen. Fazekas ergänzt: „Bereits aufgrund des aktuellen Drucks und der Verunsicherung ist mit einer Zunahme an psychischen Störungen, etwa in den Bereichen Angst, Panik und Depression sowie mit einer Verschlechterung des gesamten gesundheitlichen Zustandes, beispielsweise bei Herz-Kreislauferkrankungen oder durch Entgleisung bei Diabetes zu rechnen.“ Man dürfe auf diese besonders vulnerable Gruppe nicht vergessen und müsse das noch offene Zeitfenster für Lösungen nützen, mahnen der Praktische Arzt und der ÖGPPM-Präsident unisono. (red)