Ein neues Antibiotikum aus einem ungewöhnlichen Mikroorganismus zeigt starke Wirkung gegen gefährliche Erreger. Das Mittel könnte ein Durchbruch im Kampf gegen Antibiotikaresistenzen sein.
Ein internationales Forschungsteam mit Beteiligung der Universität Wien hat ein neuartiges Glykopeptid-Antibiotikum identifiziert, dass eine starke Wirkung gegen resistente Krankheitserreger aufweist. Entdeckt wurde die Substanz von Jaime Felipe Guerrero Garzón von der Abteilung für Pharmakognosie am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Uni Wien, der Extrakte eines aus einer chinesischen Seltenerdmine isolierten Stamms von Amycolatopsis untersuchte und eine starke antibiotische Wirkung feststellte. Martin Zehl, Leiter des Massenspektrometriezentrums an der Uni Wien, fand anschließend heraus, dass diese antibiotische Wirkung mit einer potenziell neuartigen Verbindung aus der Klasse der Glykopeptide zusammenhängt. Mithilfe von Massenspektrometrie und Kernspinresonanzspektroskopie (NMR) identifizierte dann ein Team am Helmholtz-Institut für Pharmazeutische Forschung Saarland ein völlig neues Molekül: Saarvienin A.
Im Gegensatz zu bekannten Glykopeptiden wie Vancomycin greift Saarvienin A nicht das übliche bakterielle Zielmolekül an. Die genauen Mechanismen sind noch unklar, doch eine neue Zucker- beziehungsweise Aminozuckerstruktur deutet auf einen bisher unbekannten Wirkansatz hin. „Wir waren begeistert, dass Saarvienin A in keine bekannte Kategorie passt“, meinte Jaime Felipe Guerrero Garzón von der Abteilung für Pharmakognosie am Institut für Pharmazeutische Wissenschaften der Uni Wien. Das Molekül könnte der Beginn einer neuen Generation von Antibiotika sein, gegen die resistente Bakterien bisher keine Abwehr entwickelt haben.
In Tests zeigte Saarvienin A eine hohe Wirksamkeit gegen besonders resistente Erreger wie Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus und Vancomycin-resistente Enterokokken – sogar gegen klinische Isolate. Die Forscher:innen planen nun die Weiterentwicklung des Wirkstoffs durch medizinische Chemie und Biosynthese, um ihn für den klinischen Einsatz vorzubereiten. Dabei sollen insbesondere die Wirksamkeit erhalten und mögliche Nebenwirkungen reduziert werden. „Die Entdeckung eines neuen Antibiotikums ist nur der Anfang“, sagte Studienautor Sergey B. Zotchev von der Universität Wien. (kagr)
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