Neues „Mystery Shopping“ sorgt bei Ärzten für heftige Debatten

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Riesenaufregung in der Ärzteschaft: Grund ist ein als „Mystery Shopping“ durchgeführter Test zur Diabetesberatung durch den Verein für Konsumenteninformation (VKI) bei Ärzten in der Steiermark und Wien.

Mit scharfer Kritik reagieren die Wiener und die Steirische Ärztekammer auf einen Bericht im Magazin „Konsument“ des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), für den Tests zur Diabetikerbetreuung bei niedergelassenen Ärzten durchgeführt wurden. Für Johannes Steinhart, Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte und Vizepräsident der Ärztekammer für Wien sowie der Österreichischen Ärztekammer, ist „Mystery Shopping“ „ein Vertrauensbruch in der Beziehung zwischen Arzt und Patient und eine Methode, wie wir sie nur aus DDR-Zeiten kennen.“ Steinhart beurteilt die Anwendung von „Mystery Shopping“ als „Riesenfehlgriff“: „Diese Methoden kosten nicht nur dem Steuerzahler viel Geld, sondern sind auch in Zeiten von Ärztemangel und Wartezeiten für das Gesundheitssystem fatal.“ Auch der steirische Ärztekammerpräsident Herwig Lindner ist wütend: „Da die Aktion nicht einmal den Mindeststandard für die Qualität von Tests erfüllt, ist das Ergebnis ohne jede Bedeutung, hat aber einen großen Vertrauensverlust verursacht.“ Beim Test des VKI wurde die Diabetesberatung bei 78 Ärzten in der Steiermark und Wien unter die Lupe genommen. Dafür wurde eine vermeintliche Patientin mit einem Laborbefund ausgestattet. Mehr als die Hälfte der Ärzte fiel dabei durch. Für die Ärztekammer ist der Test eine rechtlich fragwürdige Vorgehensweise.

Allein die Ausstattung der „Mystery-Shopperin“ mit einem Laborbefund sei rechtlich problematisch, da es sich bei einem Befund um ein sensibles Dokument handelt. Die Testperson dürfte vermutlich auch mit einer E-Card aufgetreten sein, vermutet die Kammer. Ob mit der eigenen oder einer falschen, nur für diesen Zweck eingesetzten, blieb bislang im Dunklen, heißt es in einer Aussendung der Ärztekammer. Es handelte sich laut Testbeschreibung jedenfalls um eine „Erstberatung“. Die Ärzte müssten die unbekannte Person wohl eher als Notfall – das Aufsuchen von mehr als einem Arzt für Allgemeinmedizin innerhalb eines Quartals ist sonst nicht möglich – eingestuft haben, was für die soziale Krankenversicherung und damit die Beitragszahler erhöhte Kosten mit sich bringt, vermutet die Kammer. Ein auf die Akutbehandlung ausgelegtes Test-Setting sei jedoch für die Beurteilung der langfristigen Behandlungsqualität einer chronischen Erkrankung wie Diabetes ungeeignet. Laut einem Bericht der Kronenzeitung war der Auftraggeber des Tests der Hauptverband der Sozialversicherungsträger – und auch bei der steirischen GKK sei man über den Test informiert gewesen. Lindner sieht darin einen Vertrauensbruch: „Viele junge Ärztinnen und Ärzte, die sich überlegt haben, eine Praxis zu gründen, werden angesichts derartiger Mystery-Shopping-Aktivitäten davon wieder Abstand nehmen. Dieser Test dient damit der Schwächung der hausärztlichen Versorgung, obwohl Krankenkassen und Länder ja immer wieder betonen, dass sie diese stärken wollen.“ (red)