Notärztemangel wird offenbar immer dramatischer

Die Niederösterreichische Ärztekammer schlägt als erste Landeskammer Alarm: Es brauche dringend Lösungen, gegen die fehlenden Notärzt:innen. Die Versorgung sei gefährdet.

Kommt es in Niederösterreich zu einem medizinischen Notfall, wird in der Regel der nächstgelegene Rettungsstützpunkt alarmiert und der diensthabende Notarzt oder die Notärztin kommt so rasch wie möglich zum schwer Erkrankten bzw. Verunfallten. „Leider läuft es in letzter Zeit nicht immer so, denn der nächstgelegene Stützpunkt ist immer öfter unbesetzt oder der diensthabende Notarzt ist bei einem anderen ärztlichen Notfall viele Kilometer entfernt im Einsatz“, umreißt der Präsident der Ärztekammer für Niederkammer, Harald Schlögel, die Situation des akuten Notärztemangels. „Je dünner die Stützpunkte besetzt sind, desto länger sind die Anfahrtswege und desto unwahrscheinlicher ist es, eine freie Notärztin bzw. einen freien Notarzt anzutreffen. Arbeitsdichte und Belastung in dieser Spezialdisziplin werden immer höher, was den Mangel an Notärztinnen und Notärzten weiter verschärft. Wir sehen die Sicherheit und das Leben des Einzelnen bei einem medizinischen Notfall deutlich gefährdet“, fasst Schlögel den Ernst der Lage zusammen.

Seit mehreren Jahren steige das Durchschnittsalter der Notärzt:innen kontinuierlich an. Es gehen seit einigen Jahren mehr Notärzt:innen in Pension als neue nachkommen. Dieser Trend dürfte sich in nächster Zeit noch massiv verstärken. „Der Grund dafür ist u.a. eine Änderung der Ausbildung, die seither extrem aufwendig geworden ist.“ Insbesondere der erstmalige Zugang zum Notarztsystem für bereits berufsberechtigte Ärzt:innen sei massiv erschwert: Es dauert für diese Gruppe nach dem sechsjährigen Studium, der dreieinhalbjährigen Ausbildung zum Allgemeinmediziner:in bzw. der sechsjährigen Facharzt-Ausbildung weitere drei Jahre auf einer Abteilung für Anästhesie und Intensivmedizin, um das Dekret Notärzt:in zu erhalten. Dazu komme, dass das Verhältnis zwischen psychischer bzw. physischer Belastung und Honorierung nicht passt, erläutert Franz Tödling, Leiter des Referats für Notfall- und Rettungsdienste, Katastrophenmedizin und Bereitschaftsdienst in der Ärztekammer für NÖ und selbst leitender Notarzt.

Der Erhalt der notärztlichen Expertise am Notfallort habe oberste Priorität, meint Schlögel: „Nur so kann die Bevölkerung in Niederösterreich bei einem Notfall darauf vertrauen, von höchstqualifizierten Ärztinnen und Ärzten erstversorgt und erstbehandelt zu werden. Gerade im Notfall können die richtigen Entscheidungen Leben retten. Wir rufen daher alle am Notarztsystem Beteiligten auf, an einem Strang zu ziehen und ein Forderungspapier zu erarbeiten, um das Notarztsystem in Niederösterreich zu erhalten.“ (rüm)