Pflege: Tausende Ausbildungsplätze fehlen

© Rawpixel - stock.adobe.com

Um den Pflegemangel in den Griff zu bekommen, stellen Expert:innen nun in einem gemeinsamen Positionspapier Forderungen.

Pro Jahr fehlen in Österreich aktuell 3.000 Ausbildungsplätze in der Pflege und Betreuung. Dazu kommt die Komplexität des Systems: In jedem Bundesland gibt es unterschiedliche Angebote und Kosten. „Unsere Pflege braucht weitere Pflege“, sagte die Generalsekretärin der Caritas Österreich Anna Parr bei einer Pressekonferenz des Dachverbands Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG) in Wien. „Wir sehen nach wie vor ein sehr großes Stückwerk, einen Fleckerlteppich, und nicht die Reform, die wir brauchen.“ Die Bundesregierung habe zwar „vieles in die Wege gebracht“, es brauche jedoch weitere Reformschritte, um den „massiven Herausforderungen“ begegnen zu können. Die BAG hat deshalb in einem aktuellen Positionspapier 61 Maßnahmen für die zukünftige Absicherung der Pflege und Betreuung erarbeitet, erläuterte Parr. Die fünf wesentlichen Bereiche umfassen erstens Pflege- und Betreuungspersonal, zweitens Versorgungslandschaft und Dienstleistungen, drittens Pflege- und betreuungsbedürftige Menschen und ihre Angehörigen, viertens Organisation, Finanzierung und Digitalisierung der Pflege und letztlich eine Reform des Pflegegelds. Parr hofft auf Umsetzungen unter der aktuellen Regierung, das vorgeschlagene Reformpaket sollte aber „jedenfalls wegweisend sein für eine künftige, kommende Regierung“.

Zum ersten Punkt sei das Ziel, „möglichst viele Menschen in Pflege- und Betreuungsberufe zu bringen und zu halten“, sagte Parr. Die Ausbildungsplätze müssten aufgestockt werden. Ein Mehr an Ausbildung bedeute auch ein Mehr an Lehrpersonen – dafür brauche es finanzielle Unterstützung. Für 3.000 zusätzliche Pflegekräfte pro Jahr sei zudem die Gewinnung von Personal im Ausland notwendig. Österreich müsse sich attraktiver machen und Hürden abbauen, etwa bei Aufenthaltsbewilligungen. „Wir brauchen hier eine Willkommensstruktur in Österreich“, betonte Parr.

Volkshilfe-Direktor Erich Fenninger forderte von der Politik verlässliche, leistbare, wohnortnahe Leistungen im ausreichenden Maße. Er sei müde, daran erinnern zu müssen. „Wir sind für die Durchführungssicherheit verantwortlich“, betonte Fenninger, die Versorgungssicherheit werde aber von der Politik nicht ausreichend garantiert. Probleme würden „nicht gelöst, sondern letztlich nur gelindert“, es brauche dringend weitere Schritte und eine richtige Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Auch Maria Katharina Moser, Direktorin der Diakonie Österreich, verlangte eine „radikale Reform“. Dazu gehöre Gesundheitsförderung, Prävention und soziale Teilhabe. Es gehe um die Erhöhung der gesunden Lebensjahre, bei denen Österreich unter dem EU-Schnitt liege. Auch der Zugang zum Pflegegeld müsse reformiert werden, hieß es vom Generalsekretär des Österreichischen Roten Kreuzes, Michael Opriesnig. 40 Prozent der Pflegegeldbezieher:innen werden ausschließlich von Angehörigen zu Hause betreut. Diese pflegenden Angehörigen seien gefährdet, in Altersarmut zu geraten. Zudem müssten postvirale Erkrankungen wie Long Covid in den Pflegegeldanspruch hineingenommen werden. Hilfswerk-Österreich-Geschäftsführerin Elisabeth Anselm sprach sich im Namen der BAG für mehr Digitalisierung und eine verbesserte Datenlage aus. Weiters müsse die von Bund, Ländern und Gemeinden gegründete Pflegeentwicklungskommission ihre Arbeit aufnehmen. (red/APA)