Proteste gegen Sparpläne in der Kassenmedizin

Ordination Praxis(c) pixabay

In Deutschland kam es in mehreren Bundesländern zu Protesten von Kassenärzt:innen. Grund dafür sind Honorarkürzungen für Neupatient:innen.

Vom deutschen Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angekündigte Sparpläne stoßen vielen Kassenärzt:innen in Deutschland sauer auf. Weil die Honorare für Neupatient:innen in Zukunft um rund 20% geringer ausfallen sollen, rief der Spitzenverband Fachärzte Deutschlands zu bundesweiten Protestaktionen auf. Da Streiken nicht erlaubt ist, waren die Ärzt:innen laut eines Berichts des Norddeutschen Rundfunks offiziell auf einer Fortbildung. Der Hintergrund für die Sparpläne: Für 2023 wird in Deutschland ein Minus von 17 Milliarden Euro bei den gesetzlichen Krankenkassen erwartet. Der Wegfall der Honorierungsregelung für Neupatient:innen in Praxen – also das Ausbleiben von Extra-Honoraren – ist Bestandteil eines geplanten Finanzpakets zum Ausgleich dieses Milliardenlochs.

Als Neupatient:innen gelten Menschen, die eine Praxis mehr als zwei Jahre lang nicht besucht haben. Bei einer Überweisung zum Facharzt oder der Fachärztin sind sie auch dort Neupatient:in. Mit der neuen Regelung könnte es passieren, dass Patient:innen länger auf einen Termin bei einem Facharzt oder einer Fachärztin warten müssen. Allein in Hamburg waren nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg deshalb mehr als 1.200 Kassenärzt:innen und Mitarbeiter:innen von Praxen an den Protestaktionen beteiligt.

Dass oftmals das medizinische Personal unter Sparplänen leidet, hat man in Deutschland auch im Sommer gesehen. Wie berichtet kam es an den Unikliniken in Nordrhein-Westfalen zu wochenlangen Streiks. Auslöser für die Proteste im Sommer waren der Personalnotstand in den Spitälern und die damit verbundene Überbelastung des vorhandenen Personals. „Wir erleben in Deutschland ein Gesundheitssystem, das zur Gänze – nicht nur in den Krankenhäusern – mehr und mehr dem Markt unterworfen wird. Da stellt sich immer die Frage, rechnet sich diese Behandlung oder rechnet sie sich nicht. Ein zentrales Problem an der Stelle ist, dass beispielsweise der größte Kostenpunkt einer Krankenhausführung das Personal ist. Durch das Fallpauschalensystem ist es hier so, dass es sich für die Arbeitgeber:innen rechnet, Patient:innen schnell und mit so wenig Personal wie möglich zu behandeln “, erklärt Jan von Hagen von der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) in Düsseldorf, der den Tarifvertrag zur Entlastung des Personals mitverhandelt hat im RELATUS-Gespräch. Nach elf Wochen Streik waren die Tarifverhandlungen beendet. Welche Auswirkungen die Protestaktionen der deutschen Kassenärzt:innen haben, wird sich erst zeigen. (kagr)