Rauch will Wahlärzt:innen einbremsen  

Bei zwei Dingen sind sich die Stakeholder im Gesundheitswesen sicher: Der ambulante Bereich braucht mehr Geld und Kassenverträge müssen attraktiviert werden.

Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) sprach sich in einer Ö1-Diskussionrunde erneut – und vehement – für die Stärkung der Kassenmedizin und des ambulanten Bereichs aus. Das seien zwei seiner Ziele, die er im Zuge des Finanzausgleichs erreichen möchte. Er betonte in diesem Zusammenhang mehrmals, dass vor allem der Trend in Richtung Wahlärzt:innen-Praxis eingebremst werden müsse, denn der Zugang zum niedergelassenen Bereich müsse für Patient:innen „mit der E-Card und nicht mit der Kreditkarte“ möglich sein. Mögliche Instrumente für eine Trendwende könnten laut Rauch eine Deckelung bei der Verrechnung oder eine verpflichtende elektronische Abrechnung des Kassenanteils sein. Auch eine verpflichtende Anbindung an die Gesundheitsakte ELGA sowie eine Diagnosecodierung seien überlegenswert – das Wahlärzt:innensystem ganz abzudrehen hält Rauch für nicht umsetzbar.

Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) schlägt in diesem Zusammenhang eine verpflichtende Übernahme von Kassenpatient:innen für jede Praxis vor. Er ist der Meinung, dass es dringend Rahmenbedingungen braucht, um Wahlärzt:innen klar zu machen, dass sie Teil eines solidarischen Versorgungssystems sind. Den Einwand des Generaldirektors der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK), Bernhard Wurzer, dass ohnehin nur 6 Prozent der Kassenhonorarsumme an Wahlärzt:innen gehe, wischte Hacker weg: „Ihr rechnet so wenig ab, dass die Patient:innen zum Teil darauf pfeifen, bei euch abzurechnen“, wandte er ein.

Dass es für den ambulanten Bereich mehr Geld braucht, da waren sich alle Stakeholder einig. Woher das Geld kommen soll, ist aber noch nicht klar. Einmal mehr pochte Hacker auf die Länderforderung, für die überlasteten Ambulanzen der Krankenhäuser eine weitere Finanzierungsschiene des Bundes einzuführen. Laut Rauch soll das Geld für den ambulanten Bereich auch nicht woanders eingespart werden, denn „wir sind nicht in der Lage, irgendwo einzusparen“.

Woher das Geld auch immer kommen mag – es sollte im Endeffekt zum Teil dazu genutzt werden, Kassenverträge zu attraktivieren, Zusammenarbeit unter den niedergelassenen Ärzt:innen zu unterstützen und auch die Digitalisierung voranzutreiben. Rauch wünscht sich für die Zukunft folgenden Patient:innenweg: „digital – ambulant – stationär“. „Andere Länder machen es längst vor, wir müssen es nur nachbauen“, sagte Rauch, der es für wichtig hält, dass Patient:innen über digitale Tools im Vorfeld schon erfahren, an welche Stelle in der Gesundheitsversorgung sie sich wenden müssen. So möchte er vermeiden, dass Patient:innen ohne driftigen Grund über das kostenintensive Rettungswesen in das ebenfalls kostenintensive Spitalswesen gebracht werden. Rauch stimmte außerdem Karoline Riedler vom Gesundheits- und Krankenpflegeverband zu, dass die Pflege aufgewertet und mehr Geld auch in diesen Bereich investiert werden müsse. Außerdem sollte man Medizin und Pflege „zusammendenken“ – auch bei der Finanzierung.

Die Ärztekammer lehne in einer Reaktion den Plan von Rauch ab, die Wahlarztpraxen weniger attraktiv zu machen, um mehr Kassenärzte zu bekommen. Der Obmann der Niedergelassenen Kurie in der Wiener Kammer, Erik Randall Huber, fordert stattdessen einen einheitlichen Leistungskatalog für den niedergelassenen Bereich inklusive Ambulanzen, um Kassenstellen für Ärzte attraktiver zu machen. Auch Bundeskurien-Obmann Edgar Wutscher will attraktivere Kassenverträge. Huber findet es „absurd“, wenn man glaube, man könne die Kassenärzte attraktiver machen indem man die Wahlärzte weniger attraktiv macht. Das würde nur den Patienten schaden, meint der Kurien-Obmann am Donnerstag im Gespräch mit der APA. Den Vorwurf, dass es den Ärzten dabei nur ums Geld gehe, wies Huber zurück. Mit dem derzeitigen Leistungskatalog könnten die Ärzte nur etwa die Hälfte von dem, was sie gelernt haben, über die Kassen abrechnen. Für viele Untersuchungen bzw. Behandlungen müsse er den Patienten extra etwas verrechnen. „Das ist unerträglich.“ (kagr/APA)