Studie: Immunsystem kann SARS-CoV-2-Virus gut erkennen

Oberflächen-Proteine des Virus (rot) können an Proteine auf der Oberfläche menschlicher Zellen (blau) andocken. Durch dieses Schlüssel-Schloss-Prinzip dringt der Virus in eine Zelle ein und infiziert sie. © buero bauer

Körpereigene Immunabwehrzellen können offenbar erstaunlich weite Teile des neuen SARS-CoV-2-Virus erkennen. Das hat eine aus Tirol stammende Forscherin nun in den USA herausgefunden.

Ein internationales Wissenschafterteam um die Tiroler Forscherin Daniela Weiskopf vom La Jolla Institute for Immunology (LJI) in Kalifornien erforscht wie das Immunsystem Viren erkennt. Das eröffne auch zusätzliche Optionen bei der Impfstoffentwicklung, so die Forscher im Fachblatt „Science Immunology“. Die gebürtige Innsbruckerin, die in ihrer Heimatstadt an der Leopold Franzens und der Medizinischen Universität studiert und sich im Bereich der Immunologie spezialisiert hat, zog es als Postdoc nach Südkalifornien. Dort begann Weiskopf 2009 am Dengue-Virus zu arbeiten. Ihr Krankheitserreger-Portfolio hat die Wissenschafterin dann in den vergangenen Jahren um weitere von Stechmücken übertragene Viren wie Zika, Gelbfieber oder Chikungunya erweitert. Mit dem Aufkommen von SARS-CoV-2 begann sie, sich intensiv mit dem neuen Virus, und vor allem der Reaktion der körpereigenen Abwehr darauf, zu beschäftigen.

Zusammen u.a. mit dem niederländischen Forscher Rory de Vries vom Erasmus Medical Center in Rotterdam beschäftigte sich das Team mit Blutproben von erkrankten Personen in San Diego und später in Rotterdam. Das Hauptaugenmerk galt den T-Zellen und der Immunantwort von Patienten mit schweren und milderen COVID-19-Verläufen. Sowohl T-Helfer- als auch T-Killerzellen erkennen in der Regel nämlich „nur ganz kleine Virus-Teile – also acht oder neun Aminosäuren große Stücke“, erklärte Weiskopf im APA-Interview. Im Gegensatz zu den B-Lymphozyten produzieren sie jedoch keine spezifischen Antikörper, die sich dann auf das Virus stürzen, sondern müssen ihre Zielstrukturen direkt auf der Oberfläche der Eindringlinge erkennen.

Im Fall von SARS-CoV-2 erhielten die Wissenschafter erstaunlich einheitliche Resultate: So fanden sie bei allen zehn näher untersuchten Patienten T-Helferzellen, die auf des neuartige Coronavirus reagierten, acht von zehn hatten auch T-Killerzellen, die sich gegen den Erreger in Stellung brachten. Deren Menge nahm mit der Zeit auch zu. „Es hat ja Spekulationen gegeben, dass sich das Virus vielleicht vor dem Immunsystem verstecken kann. Wir haben aber gezeigt, dass es gut erkannt wird“, sagte Weiskopf.

Auch das bei nahezu allen in Entwicklung befindlichen Impfstoffen als Ziel fungierende, charakteristische Spike-Protein wurde von diesem Teil des Immunsystems bei allen untersuchten Infizierten erkannt. „Das sind gute Neuigkeiten für Impfstoffentwickler“, so die Immunologin. Tatsächlich zeigte die Studie, dass darüber hinaus „23 von 25 Proteinen aus dem Virus von T-Zellen erkannt werden – das ist gut“. Für etwaige nächste Generationen an Impfstoffen bringe dies mehr Optionen mit sich, weil auch andere Proteine als Zielstrukturen verwenden könnten. (APA)

zur Studie: https://dx.doi.org/10.1126/sciimmunol.abd2071