Studien: Privatisierungen verschlechtern Versorgung

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Privatisierungen im Gesundheitswesen führen zu einer schlechteren Versorgung und steigenden Kosten. Das zeigen zwei aktuelle Studien aus den USA. Die Ärztekammer sieht sich in ihren Warnungen bestätigt.

Was passiert, wenn private Investoren eine öffentliche Gesundheitseinrichtung übernehmen? Mit dieser Frage haben sich gleich zwei aktuelle Studien aus den USA beschäftigt. Die Ergebnisse zeigen: Werden Gesundheitseinrichtungen von Privaten geführt, sinkt die Qualität der Versorgung und die Kosten steigen. So zeigt die erste Studie, dass die Anzahl an Komplikationen nach einer Übernahme von Privaten um ein Viertel gestiegen ist. Im Spital erworbenen Erkrankungen stiegen um 25,4 Prozent im Vergleich zu den nicht privat geführten „Kontrollkrankenhäusern“ (plus 4,6 solcher Zwischenfälle pro 10.000 Spitalsaufnahmen). Das sei durch einen Anstieg der Zahl der Stürze von Patient:innen im Krankenhaus um 27,3 Prozent und eine Zunahme der Häufigkeit von Blutinfektionen (durch das Legen von Kathetern; Anm.) um 37,7 Prozent „getrieben“ worden, heißt es von den Studienautor:innen. Die Häufigkeit von Wundinfektionen nach chirurgischen Eingriffen verdoppelte sich in den US-Krankenhäusern nach Übernahme durch Finanzinvestoren von 10,8 Fällen pro 10.000 Krankenhausaufnahmen auf 21,6 pro 10.000 Patient:innen obwohl es zu um 8,1 Prozent weniger Operationen kam.

In privat geführten Spitälern sinkt allerdings nicht nur die Qualität, sondern es steigen auch die Kosten, wie eine zweite Studie aus den USA zeigt. Fachleute hatten wissenschaftliche Studien aus acht Staaten neuerlich analysiert. Die meisten Untersuchungen (47) stammten aus den USA mit Gesundheitseinrichtungen in der Hand von Privatinvestoren (Pflegeheime, Spitäler, Gruppenpraxen etc. für Dermatologie, Augenheilkunde, Allgemeinmedizin, Chirurgie, Reproduktionsmedizin etc. Auch in dieser Untersuchung gab es ein negatives Resultat. „Über verschiedenen Messgrößen hinweg war das Eigentum (an der Einrichtung; Anm.) durch private Geldgeber konsistent mit einem Anstieg der Kosten für Patienten oder Zahler verbunden“, heißt es in der Studie. Das Bild zur Qualität der Versorgung in den privaten Gesundheitseinrichtungen sei „gemischt“ bis hin zu einer Tendenz zum Schlechten gewesen.

Für die erste US-Studie wurden Daten von 662.095 Patient:innen mit staatlicher Medicare-Krankenversicherung nach Aufnahme in 51 von privaten Investoren übernommenen US-Krankenhäusern analysiert und mit den Daten der Kontrollgruppe mit 4,160.720 Spitalsaufnahmen in 259 Krankenhäusern anderer Träger verglichen. Die Spitalsaufenthalte geschahen zwischen 2009 und 2019. Die Entwicklung der Komplikationsraten bei den „privatisierten“ Spitälern wurde über den Zeitraum von drei Jahren vor bis drei Jahre nach der Übernahme verfolgt. Die Studie der Bostoner Lungenspezialistin und Intensivmedizinerin Sneha Kannan (Massachusetts General Hospital) und ihrer Co-Autor:innen wurde im Journal der American Medical Association (JAMA) veröffentlicht. Die zweite Übersichtsstudie unter der Leitung von Alexander Borsa (Abteilung für soziomedizinische Studien; Columbia University/New York) erschien im British Medical Journal (BMJ).

Laut der Übersichtsstudie wurden fanden seit 2021 weltweit Kapitalflüsse mit über 200 Milliarden US-Dollar für Übernahmen statt. Auch in Österreich ist das Thema aktuell. Im Rahmen von Diskussionen rund um die kommende Gesundheitsreform wurde auch über einen möglichen Einstieg privater Investoren in das heimische Gesundheitswesen gesprochen. Die Ärztekammer machte von Anfang an klar, dass sie dagegen ist. Durch die Studienergebnisse aus den USA fühlen sich die Kammerfunktionär:innen in ihrer Ablehnung bestätigt. „Die aktuellen Studienergebnisse bestätigen unsere bisherigen Warnungen und machen die durchgehend negativen Folgen der Konzernierung unseres Gesundheitssystems auf die Patientinnen und Patienten nochmals mehr als deutlich. Die Gesundheit der Menschen steht am Spiel. Die Ärztekammer für Wien ist tief besorgt über diese Entwicklung in Richtung Konzernmedizin in Österreich, die schon in Ländern wie den USA oder Deutschland durchgehend negative Folgen gebracht hat und die Patientensicherheit massiv gefährdet”, sagte der Präsident der Ärztekammer für Wien und der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), Johannes Steinhart, in einer Aussendung.  (red/APA)

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