Update: Impfprogramme für den Herbst

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Expert:innen aus Wissenschaft und Politik haben die neuen Impfempfehlungen vorgestellt. Sie mahnen, auch bakterielle Infektionen nicht zu unterschätzen.

Seit ein paar Wochen steigen die Coronainfektionen wieder an, wie Abwasseruntersuchungen zeigen. Aber auch RSV-Infektionen und Influenza-Fälle treten schon vereinzelt auf. Pünktlich zum Start der Erkältungssaison stellten deshalb Expert:innen die aktuellen Impfempfehlungen und laufende Impfprogramme vor. Sie betonen, dass es wichtig ist, dass sich jetzt möglichst viele Menschen gegen alle impfpräventablen Erkrankungen schützen, um einem schweren Krankheitsverlauf vorzubeugen. Um mehr Menschen zum Impfen zu bewegen, gibt es heuer neben dem öffentlichen Impfprogramm für Covid-19 auch eines für Influenza, das vom Bund, den Bundesländern und der Sozialversicherung getragen wird. Je nach Bevölkerungsgruppe zusätzlich empfohlen sind Impfungen gegen Pneumokokken, Keuchhusten und RSV. Damit es zukünftig einfacher wird, sich impfen zu lassen, sind bereits neue Kombinationsimpfstoffe, zum Beispiel gegen Covid-19 und Influenza, in Entwicklung.

„Bereits 2022 haben wir gesehen, dass eine Lockerung beziehungsweise ein Wegfall der meisten Covid-19-bedingten Schutzmaßnahmen zu einem Anstieg aller respiratorischen Infektionen geführt hat. Es ist zu erwarten, dass das auch diesen Winter wieder passieren wird“, erläutert Arschang Valipour, Leiter der Abteilung für Innere Medizin und Pneumologie, Klinik Floridsdorf (Wien). Unklar sei nur, ob die verschiedenen Wellen parallel – so wie vergangenes Jahr – oder hintereinander auftreten würden und wie sich Covid-19 weiterentwickeln werde.

„Besonders bei parallel auftretenden Wellen von mehreren Erregern kann es wieder zu einer stärkeren Belastung der Spitäler kommen“, warnt der Pneumologe. Der aktuelle Personalmangel und die damit verbundenen Bettensperren könnten dazu führen, dass es bei einer großen Anzahl an Infektionen zu Engpässen kommen könnte. Man solle sich also zum passenden Zeitpunkt gut schützen. „Die Impfung gegen Covid-19 mit dem angepassten Variantenimpfstoff mit Komponenten, die gegen XBB.1.5 gerichtet sind, kann bereits jetzt durchgeführt werden, sofern die letzte Impfung gegen Covid-19 beziehungsweise die letzte Corona-Infektion mindestens sechs Monate zurückliegt“, betont Maria Paulke-Korinek, Leiterin Abteilung für Impfwesen im Gesundheitsministerium. Auch wenn nicht klar ist, ob in diesem Zeitraum eine Infektion stattgefunden hat, könne man sich sicherheitshalber impfen lassen, meint Paulke-Korinek.

Erstmalig gibt es auch für Influenza ein öffentliches Impfprogramm für die gesamte Bevölkerung. Der Selbstbehalt beträgt sieben Euro, auch in Wien, wo die Influenza-Impfung in den vergangenen Jahren kostenlos war. Kostenlose Impfaktionen gibt es für Kinder und in Altenheimen. Wie die Covid-19-Impfung wird auch jene gegen Influenza vorrangig von niedergelassenen Ärzt:innen durchgeführt. Auch wenn es sowohl bei Influenza als auch bei Covid-19 trotz Impfung zu Erkrankungen kommen kann, betont Paulke-Korinek ganz klar: „Geimpfte sind gegenüber Ungeimpften im Vorteil, da bei ihnen die Erkrankung zumeist milder und kürzer verläuft, sie deutlich weniger Komplikationen erleiden und seltener einen Krankenhausaufenthalt benötigen.“ Die Covid-19-Impfung wird von den Expert:innen bereits jetzt empfohlen, ebenso die RSV-Impfung für im Impfplan vorgesehenen Zielgruppen. Influenza-Impfungen sollten idealerweise Ende Oktober oder im November verabreicht werden. Eine gleichzeitige Impfung ist möglich, sollte aber nicht in den gleichen Arm gegeben werden, heißt es. Um die Verabreichung zukünftig zu vereinfachen, wird bereits an einem Kombinationsimpfstoff gegen Covid-19 und Influenza geforscht.

Neben den viralen, gibt es aber auch bakterielle Infektionen, die im Winter gehäuft auftreten. „Es ist bekannt, dass man besonders nach Covid-19 und Influenza anfälliger für bakterielle Infektionen wie jene durch Pneumokokken ist“, berichtet Pneumologe Valipour. Bei gesunden Personen wird die Pneumokokken-Impfung ab dem vollendeten 60. Lebensjahr empfohlen. Auch Säuglinge und Kleinkinder sowie altersunabhängig bestimmte Risikopersonen sollten sich impfen lassen. Eine weitere bakterielle Erkrankung, die oft in Vergessenheit gerät, ist laut Expert:innen Pertussis. Da man in Österreich als Kind gegen Pertussis geimpft wird, wiegen sich viele in falscher Sicherheit, wodurch Impflücken entstehen. Nach der Impfung für Säuglinge und Kleinkinder ist die Impfung alle zehn Jahre empfohlen, ab 60 alle fünf Jahre in Kombination mit Tetanus und Diphtherie, teils auch mit Polio. Um den Überblick über alle notwendigen Impfungen zu behalten, empfiehlt Paulke-Korinek jeden Besuch bei Ärzt:innen zu nützen, um die eigenen Impfungen auf den neuesten Stand zu bringen. „Aus ÖVIH-Sicht wäre außerdem wünschenswert, all diese Impfungen in ein generelles Impfkonzept für Erwachsene zu integrieren, das sowohl einen niederschwelligen Zugang als auch eine entsprechende Finanzierung gewährleistet“, stellt ÖVIH-Vizepräsidentin Sigrid Haslinger abschließend fest. „Mehrere Analysen haben eindeutig gezeigt, dass davon nicht nur der oder die Betroffene, sondern auch das Gesundheitssystem und die Gesellschaft profitieren würden.“ (red)