Wachsender Corona-Cluster in St. Wolfgang wird zum Politikum

(c) Karl Egger/Pixabay

Die Zahl der Fälle im Coronavirus-Cluster in St. Wolfgang im oberösterreichischen Salzkammergut hat sich am Wochenende weiter erhöht. Während der Gesundheitsminister von einer „Herausforderung“ spricht, versucht die Tourismusministerin zu beruhigen. Die Opposition tobt.

Die Zahl der mit dem Coronavirus Infizierten in St. Wolfgang hat sich bis Sonntagabend auf 48 erhöht. Unter den Infizierten seien Mitarbeiter von elf Betrieben, allerdings sei nur ein Gast betroffen, teilten die Behörden mit. Am Samstag wurden im Laufe des Tages 628 Abstriche vorgenommen. 309 der Tests fielen dabei auf Tourismusbeschäftigte, vor allem in den betroffenen Betrieben, aber auch bei Praktikanten anderer Häuser. Die anderen 319 Tests wurden bei Gästen oder Einheimischen durchgeführt, die vom Angebot Gebrauch machten, sich bei der Drive-In-Station bei der Dienststelle des Roten Kreuz St. Wolfgang auf Kosten des Landes testen zu lassen. Beim Gros der bisher positiv getesteten Personen handelt es sich um Praktikanten aus unterschiedlichsten Schulen und Bundesländern, bei zwei um ihre Vorgesetzten. „Bis dato ist niemand schwerer erkrankt“, sagte der Bezirkshauptmann von Gmunden, Alois Lanz. Die Fälle stellen „eine besondere Herausforderung dar. Gesundheitsministerium und Landesbehörden stimmen sich dabei intensiv ab“, sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) am Sonntag. Die Behörden sind sich mittlerweile sicher, dass die Ansteckungen nicht in den betroffenen Betrieben, sondern in der Freizeit stattgefunden haben.

Von Infektionen betroffen waren zuletzt die sieben Hotels Furian, Berau, Seevilla, St. Peter, Scalaria, Strandhotel St. Wolfgang und das Hotel Leopoldhof. Zudem wurden Infektionen im Umfeld der Pizzeria Mirabella und der beiden genannten Nachtlokale festgestellt. Das Land Oberösterreich riet Gästen, die sich seit dem 17. Juli in einem dieser Tourismusbetriebe aufgehalten haben, ihren Gesundheitszustand genau zu beobachten. Im Falle auftretender Symptome wie Kurzatmigkeit, Halsschmerzen, Entzündungen der oberen Atemwege, Fieber, trockenem Husten oder plötzlichem Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinnes sollte umgehend die Gesundheitshotline 1450 kontaktiert werden. Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) kündigte eine Testoffensive an, versuchte aber zu beruhigen: „Alarmismus fehl am Platz“.

Die Opposition ortet hingegen einen politischen Skandal. Köstingers Teststrategie sei gescheitert, wenn in einem der Top-Tourismusorte Österreichs mitten in der Sommer-Hochsaison zahlreiche Corona-Fälle bekannt werden, sagte SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher: „Kurz, Köstinger und Mahrer haben bei ihrer Tourismus-Teststrategie offensichtlich versagt und dadurch nicht nur die Gesundheit von Menschen gefährdet, sondern auch Österreich als Tourismusland geschadet.“ Mit wöchentlich 65.000 Corona-Tests für Beschäftigte im Tourismus sollte Österreich laut Kurz „das sicherste Urlaubsland der Welt“ werden. Von einem „Alleinstellungsmerkmal für Österreich“ war die Rede, sagt Kucher: „Allein, von all diesen Versprechungen ist nichts übriggeblieben.“ Statt der versprochenen 65.000 Tests pro Woche seien bis zum Stichtag des 22. Juli insgesamt gerade einmal 10.200 Tests durchgeführt worden. „Das Ergebnis dieser türkisen PR-Show sehen wir jetzt in St. Wolfgang“, kritisiert der SPÖ-Gesundheitssprecher. COVID-19-Fälle könnten bei einer weltweiten Pandemie natürlich vorkommen räumt er ein. „Aber dass die Ministerin zuerst ihre groß präsentierte Teststrategie nicht umsetzt und dann einen neuen Cluster einfach abtut, statt sich für ihr Scheitern zu entschuldigen und die Teststrategie endlich wie angekündigt umzusetzen, ist an Inkompetenz nicht zu übertreffen.“ Kucher kritisierte, dass die Teststrategie im Tourismus bei Ministerin Köstinger liegt. „Eine umfassende Teststrategie hätte von den Profis im Gesundheitsministerium ausgearbeitet werden sollen und muss jetzt unverzüglich dorthin verlagert werden“, fordert der SPÖ-Gesundheitssprecher. (red/APA)