Apothekerverbandspräsident Rehak: „Müssen Finanzierung überdenken“

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Zum Jahreswechsel hat RELATUS PHARM Stakeholder im Gesundheitswesen nach ihrer Bilanz für 2019 und den Wünschen für 2020 gefragt. Apothekerverbandspräsident Jürgen Rehak bewertet 2019 eher negativ.

RELATUS: Welche gesundheitspolitische Bilanz ziehen Sie für 2019? Jürgen Rehak: Aus Apothekersicht ist es schmerzhaft, dass Apothekengesetz-Novelle nicht umgesetzt wurde, obwohl sie schon fertig im Ministerium liegt. Damit liegt etwas auf Eis, das spürbare Verbesserungen in der Gesundheitsversorgung der Bevölkerung bringen könnte – etwa über Erlaubnis für Apotheken, Arzneimittel zuzustellen. Das würde einen enormen Benefit für die Versorgung gerade in ländlichen Regionen bringen. Definitiv positiv ist die Neuregelung der Dotierung des Reservefonds. Der Reservefonds ist eine grundsätzlich gute Einrichtung zur Absicherung der Gehälter der Angestellten Pharmazeuten, allerdings aktuell zu hoch dotiert. Mit der Neuregelung haben wir eine Entlastung für die Apothekenbetriebe geschafft, die in den kommenden Jahren bis zu 10 Millionen an Einsparungen bringen wird.

Welche Erwartungen und welche Forderungen haben Sie an die künftige Regierung? Was wir wollen ist, dass uns die künftige Bundesregierung dabei unterstützt unsere Angebote für die Bevölkerung umzusetzen beziehungsweise weiter aufrecht zu erhalten – etwa Sicherheitschecks bei Medikamenten, Medikationsanalyse oder die weiterhin gute Versorgung durch unsere Bereitschaftsdienste. Dazu gehört, dass wir die Finanzierung der Apotheken gemeinsam überdenken müssen, um die sie nachhaltig sicherzustellen. Wie genau muss gemeinsam besprochen werden – denkbar wäre etwa eine Abgeltung der Nachtdienste durch die öffentliche Hand.

Was sind die drei wichtigsten Punkte, die im kommenden Jahr Ihrer Meinung nach auf jeden Fall politisch umgesetzt werden müssen? Die Politik sollte sich für ein Ende der Debatte um die ärztlichen Notabgabestellen für Medikamente einsetzen. Denn was da von Teilen der Ärzteschaft betrieben wird, spielt die Berufsgruppen gegeneinander aus. Damit riskiert man eine hervorragende Zusammenarbeit und letztendlich die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung. Wie schon gesagt, wollen wir im kommenden Jahr über die Finanzierung der öffentlichen Apotheken sprechen. Wenn etwa Arbeitstaxen das letzte Mal angehoben wurden, als Österreich gerade der EU beigetreten ist, dann darf man hier wohl von Handlungsbedarf sprechen. Ich würde mir wünschen, dass wir bei einem unserer wesentlichsten Vorhaben unterstützt werden: dem Arzneimittel-Sicherheitscheck inklusive Medikationsanalyse. Die Apotheke prüft dabei auf wesentliche Wechselwirkungen und macht Vorschläge zur optimalen Anwendung der verschriebenen Arzneimittel.

Was macht Ihnen die größten Sorgen für die Zukunft, wenn Sie die Entwicklungen im Gesundheitswesen betrachten? Was stimmt Sie optimistisch? Wir müssen uns natürlich über die langfristige Finanzierbarkeit Gedanken machen. In Österreich haben wir ein tolles Gesundheitssystem und das soll so bleiben. Für überfüllte Wartezimmer und Ambulanzen braucht es jedenfalls Lösungen. Dabei können wir Apotheker einen wesentlichen Beitrag leisten, wenn wir als erste Versorgungsstufe stärker ins System integriert werden. Viele gesundheitliche Probleme können in der Apotheke gelöst werden – wobei das Gesamtsystem entlastet werden würde. Und da sind wir schon beim Optimismus: Wir haben viele Vorschläge, wie wir in der Apotheke zu einer Entlastung des Systems beitragen können. Lässt man uns das tun, bin ich zuversichtlich, dass wir als starke Player einen wesentlichen Beitrag leisten können. (rüm)