Kommentar: Warum die Politik sauer auf Apothekerfunktionäre ist  

Martin Rümmele ist Chefredakteur von Relatus.

Lange Zeit sah es so aus, als würden die Bemühungen der Apotheker, künftig auch impfen zu dürfen, von Erfolg gekrönt. Doch zuletzt stieg die Politik auf die Bremse. Hintergrund sei wachsender Unmut über die Blockade der Standesvertreter im Hinblick auf das e-Rezept gewesen, sagen Regierungsvertreter.

Etwas mehr als ein Jahr ist es her, da erklärte die Spitze des Apothekerverbandes beim 4. Wirtschaftsforum des Österreichischen Apothekerverbandes: „Die Apotheken sind ein Vorreiter der Digitalisierung. Mit ihren Warenwirtschaftssystemen, den Sicherheitschecks bei denen Patientinnen und Patienten vor Wechselwirkungen gewarnt werden oder aktuell der Umsetzung der Fälschungssicherheitsrichtlinie, wird Digitalisierung in Apotheken längst gelebt – mehr als in so manch anderer Branche. Jetzt geht es darum, die nächsten technologischen Errungenschaften in den pharmazeutischen Alltag zu integrieren – etwa das e-Rezept oder telemedizinische Angebote. Geht es um die Einführung und Umsetzung solcher Angebote, ist die Apothekerschaft ein aufgeschlossener und zuverlässiger Partner.“ Ein Jahr später hört man allerdings aus Regierungs- und Sozialversicherungskreisen, dass die Funktionäre der Apotheken Schuld an der Verzögerung der Einführung des e-Rezeptes seien.

Tatsächlich sollte das Projekt nämlich seit Jahresmitte im Testbetrieb in einigen Bundesländern laufen – so ein entsprechender Vertrag aus dem Vorjahr. Am 12. Februar 2019 verkündete dazu der damalige Hauptverbandsvorsitzende Alexander Biach eine entsprechende Einigung mit den Apothekern und Ärzten im Beisein von Vertretern beider Berufsgruppen. Am 20. Mai 2020 ließ der Apothekerverband dann allerdings in einer Aussendung damit aufhorchen, dass der „Mehraufwand bei der Abwicklung in den Apotheken abgegolten werden muss“. Schon Mitte März habe man dazu „um einen Termin bei der Österreichischen Gesundheitskasse gebeten, die bis dato aber das Gespräch mit den Apothekern noch nicht aufgenommen hat“, heißt es in der Aussendung von Apothekerverbandspräsident Jürgen Rehak und seinem Stellvertreter Thomas Veitschegger. „Ich bin optimistisch, dass wir in den kommenden Wochen im Dialog mit der Österreichischen Gesundheitskasse eine Lösung finden werden – auch im Sinne unserer eigenen Mitglieder“, sagte Rehak. RELATUS PHARM berichtete.

Gedauert haben die Gespräche allerdings bis jetzt und haben, so hört man aus Regierungs- und Kassenkreisen, die an sich gute Stimmung mit den Apotheken im Hinblick auf andere Reformen, wie die Möglichkeit zum impfen in Apotheken getrübt. Die neuen Forderungen der Apothekenfunktionäre trotz Vertrag aus dem Jahr 2019 hätten den Start des e-Rezeptes um mindestens ein halbes Jahr verzögert, heißt es. Erst jetzt könnten die Softwarehäuser mit der Programmierung beginnen. Der Apothekerverband weist diese Darstellung allerdings zurück. Interessant dabei ist vor allem das Zeitgefühl: „Die offiziellen Verhandlungen zwischen Dachverband und Standesvertretung haben Anfang September begonnen. Aufgrund der Dringlichkeit durch die Corona-Pandemie hat sich die Apothekerschaft von Anfang an konstruktiv eingebracht und zu einem raschen Abschluss der Verhandlungen beigetragen – das ist innerhalb weniger Wochen gelungen. Nun geht es um die technische Umsetzung. Dabei ist es die Aufgabe des Dachverbands und der Softwarehäuser die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, damit der Probebetrieb starten kann“, heißt es in der Antwort auf eine entsprechende RELATUS-Anfrage. Bleibt die Frage, warum Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) die Apotheker im März noch als „essenzielle Bereiche“ im Kampf gegen die Pandemie nannte, im Juli sogar noch über die Möglichkeit zur Wirkstoffverschreibung diskutieren wollte und am 4.11. dann erklärte, dass „aus Gründen der Qualitätssicherung und des Patientenschutzes eine Ausweitung des Kreises der Berufsgruppen im Gesundheitsbereich, die zur Durchführung von Impfungen berechtigt sind, derzeit nicht in Planung“ ist. (rüm)