Brexit am 31.1.: Das sind die Folgen für die Arzneimittelversorgung

Am 31. Jänner tritt Großbritannien nach langem hin und her aus der EU aus. RELATUS-PHARM sprach mit Experten über die Folgen des Austritts. Fazit: Auch wenn noch nicht alle Fragen geklärt sind, ist Österreich gerüstet.

„Der Brexit kann auch auf den Arzneimittelmarkt Auswirkungen haben“, sagt Martin Brunninger, Büroleiter des Dachverbandes der Sozialversicherungsträger im RELATUS-Gespräch. Um diese Auswirkungen frühestmöglich zu identifizieren und abfedern zu können, habe das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen (BASG) als zuständige Aufsichtsbehörde die Task Force Arzneimittelversorgung/Brexit gegründet. Brunninger: „An dieser Task Force nimmt der Dachverband genau wie andere Stakeholder teil. Die bisherigen Ergebnisse der Task Force zeigen, dass Österreich gut auf den Brexit vorbereitet ist. Es galt hier einige regulatorische Voraussetzungen, vor allem seitens der Zulassungsinhaber, zu erfüllen.“ Darüber hinaus werde es im wichtig sein, die Distributionswege effizient zu gestalten, damit durch Transport und Zollverzögerung keine Engpässe entstehen. „Um den Brexit bestmöglich abzuwickeln, wurden auch auf europäischer Ebene Anstrengungen unternommen und auch die EMA geht davon aus, dass das Risiko Brexit-bedingter Lieferengpässe damit sehr deutlich reduziert wurde. Es besteht also aktuell kein Grund zur Sorge, da alle Stakeholder die Situation genau beobachten und alle notwendigen Vorbereitungen getroffen haben“, sagt Brunninger.

Vorsichtiger gibt sich Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin des Geschäftsfeldes AGES Medizinmarktaufsicht, die die Task-Force koordiniert hat und auch das EMA-Managementboard leitet. „Obwohl der Brexit nun fixiert ist, gibt es noch keine 100%ige Gewissheit über die – an sich bis Dezember 2020 vorgesehene – Übergangsfrist. Dies deshalb da der Austrittsvertrag formal noch nicht von allen Partner ratifiziert wurde. Seitens des BASG wurden jedoch schon zuvor alle relevanten Schritte gesetzt um mögliche Gefahren für die Versorgungslage von Arzneimitteln in Österreich abzufedern. Daher rechnen wir, unabhängig vom genauen Datum, mit keinen größeren Problemen im Hinblick auf die Versorgungssicherheit“, sagt sie.

Österreichs Pharmaindustrie sieht sich in enger Abstimmung mit der Behörde auf einen harten Brexit vorbereitet. „Dieser Prozess ist schnell, intensiv und effizient verlaufen. Die Mitglieder der Pharmig melden, dass sie alle planbaren Schritte eingeleitet haben, um eine nachhaltige Versorgung mit Arzneimitteln sicherzustellen. Die pharmazeutische Industrie hat sich auf ein Szenario vorbereitet, das es noch nie zuvor gegeben hat“, sagt Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Trotz aller Vorkehrungen wären eine Übergangsphase und entsprechende Verträge notwendig, um die Versorgung auf allen Ebenen auch nach dem Brexit zu garantieren. Herzog: „Gerade was den Lufttransport von – kurzlebigen – Arzneimitteln oder letztlich die Handhabung an der EU-UK-Grenze betrifft, wären derartige Abkommen äußerst wichtig.“ PHAGO-Generalsekretärin Monika Vögele betont, dass sich der Großhandelsverband ständig mit der europäischen Dachorganisation GIRP austausche. „Damit können wir auf Großhandels-Ebene rasch reagieren, wenn es Signale für kritische Entwicklungen geben sollte. Es wurden in Österreich aus unserer Sicht alle denkbaren Maßnahmen getroffen, um Arzneimittel-Engpässe durch den Brexit zu verhindern.“ (rüm)