Industrie sieht Arzneimittelpreise als Grund für Lieferengpässe

(c) Boehringer Ingelheim

Pharmig-Präsident kritisiert im RELATUS PHARM-Interview die heimischen Arzneimittelpreise. „Durch immer stärkere Preisregularien haben wir in den vergangenen Jahren eine Abwärtsspirale erlebt, die zu Abwanderungen und Auslagerungen geführt hat.“

Die Pharmaindustrie drängt auf Preiserhöhungen bei Medikamenten – von denen auch die Apotheken profitieren könnten. Nicht nur im Hinblick auf bessere Erträge, sondern auch durch eine Eindämmung von Lieferengpässen. Denn deren Ursachen liegen nach Ansicht der Industrie im zuletzt starken Druck auf die Preise, sagt Pharmig-Präsident Philipp von Lattorff im Interview mit RELATUS PHARM. „Hier sehen wir ganz klar, dass die heimischen Arzneimittelpreise eine der Ursachen für Lieferengpässe sind. Durch immer stärkere Preisregularien haben wir in den vergangenen Jahren eine Abwärtsspirale erlebt, die zu Abwanderungen und Auslagerungen geführt hat.“ Hier gelte es, Langzeitstrategien zu entwickeln, damit Unternehmen wieder zu marktkonformen Bedingungen produzieren können.

Die ausreichende Versorgung des Marktes mit oft lebensnotwendigen Medikamenten sei aktuell ein sehr wichtiges Thema, für die Industrie. „Lieferengpässe betreffen nicht nur Österreich, sondern sind ein internationales Problem. Wir sind daher als österreichischer Verband in die internationalen Dachverbände efpia und ifpma eingebunden und bringen uns dort aktiv in verschiedenen Gremien ein. Letztlich ist es aber unsere Hauptaufgabe, die Versorgung in Österreich sicherzustellen.“ Deshalb habe man ein Fünf-Punkte-Programm entwickelt, das darauf abzielt, Österreich als attraktiven Gesundheitsstandort zu etablieren. Handlungsfelder für die künftige Bundesregierung seien eine stärkere Patientenorientierung, Planungssicherheit für Unternehmen dank stabilem Rechtsrahmen, Förderungen für Forschung und Produktion, die Nutzung der Digitalisierung sowie die Stärkung der Prävention. „Gesundheit geht uns alle an. Sie ist eine persönliche, sie ist aber auch eine nationale Aufgabe: Um den Gesundheitsstandort Österreich bei all den Herausforderungen, die auf uns zukommen, auch in Zukunft fit und leistungsfähig zu halten, müssen wir an mehreren Stellschrauben drehen“, sagt auch Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Zu allererst fordert der Pharmig-Generalsekretär eine nachhaltige Ausrichtung auf das Patientenwohl: „Wenn wir reformieren, sollte die Patientenorientierung unser aller Leitmaxime sein.“ Beispielsweise müsse die Patientenmitbestimmung in allen Gremien, die über Therapien entscheiden, gestärkt werden. So sollten Patientenvertretungen etwa in der Heilmittelevaluierungskommission nicht nur über einen Sitz, sondern auch über ein Stimmrecht verfügen.

Weiters fordert die Pharmig, dass neue Therapien gemäß ihrem umfangreichen Nutzen, den sie stiften, anerkannt werden: „Im Erstattungsprozess werden Schritt-Innovationen nicht oder nur selten berücksichtigt. Die Lebensqualität Betroffener ist aber sehr wohl davon betroffen, ob ein Arzneimittel, das bisher gespritzt werden musste, oral eingenommen werden kann oder ob jemand statt drei Tabletten nur mehr eine einzelne einzunehmen braucht, weil diese Tablette alle nötigen Wirkstoffe enthält“, sagt Herzog. (rüm)