Kammerpräsidentin: Aufregung über komplementäre „Impfausleitung“

(c) Apothekerkammer/Christian Husar

Ein Blogger und Esoterik-Kritiker sorgt mit einem Test in der Apotheke der Apothekerkammer-Präsidentin für Aufregung. Der im „Standard“ veröffentlichte Beitrag ruft auch die Ärztekammer auf den Plan.

Komplementäre Angebote in der Apotheke von Apothekerkammerpräsidentin Ulrike Mursch-Edlmayer sind ins Visier von Esoterik-Jägern geraten. In einem im „Standard“ veröffentlichten Blog-Beitrag wurden in der Apotheke zufolge Salzlösungen zur Begleitung der Corona-Impfung empfohlen, die unter anderem zur „Ausleitung von Impfbegleitstoffen“ dienen sollen. Der Blogger wirft der Apotheke der Kammerpräsidentin vor, mit einem „Ratschlag zur esoterischen ‚Impfbegleitung‘ oder ‚Impfausleitung‘ Mythen“ zu nähren. Das rief am Wochenende auch die Ärztekammer auf den Plan: Thomas Szekeres, Präsident der Österreichischen Ärztekammer, kommentierte: „Ich bin enttäuscht, dass die Apothekerkammerpräsidentin trotz ihrer verantwortungsvollen Aufgabe hier den evidenzbasierten Boden verlässt.“

Johannes Steinhart, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, zeigte sich irritiert. „Wir sind wirklich fassungslos. Wir kämpfen seit über einem Jahr gegen eine Pandemie, sehen deren hässliche Fratze täglich in unseren Spitälern und Ordinationen. Alle gemeinsam kämpfen für eine möglichst hohe Durchimpfungsquote und vor allem gegen Fake-News und Verschwörungstheorien.“ Er fordert eine „umgehende Klarstellung der Apothekerkammer zur Aufklärungsqualität in Apotheken.“

Die gab Mursch-Edlmayr am Wochenende der Onlineplattform RELATUS: Grundsätzlich sei es Apotheken nicht verwehrt, neben dem wissenschaftlich abgesicherten Gesundheitsangebot auch komplementärmedizinische Produkte zu führen, „wobei aber natürlich das wissenschaftlich anerkannte Leistungsspektrum der Apotheke im Vordergrund stehen muss“, teilt sie mit. Speziell an Apotheken würden sich immer wieder Kunden mit Fragen zu komplementärmedizinischen Produkten wenden, von denen sie sich „eine Erhöhung ihres Wohlbefindens und ihrer mentalen oder spirituellen Kräfte“ erhoffen. „Wesentlich ist dabei, dass die Apotheke über diese Produkte und deren Anwendungsbereich ausführlich berät, sodass diese auf Basis einer objektiven Aufklärung eine selbstbestimmte Kaufentscheidung treffen können. Gerade in den Beratungsgesprächen, die sich dabei ergeben, hat die Apothekerin oder der Apotheker Gelegenheit, die interessierte Person nach ihren Befindlichkeiten und Beschwerden zu fragen und sich ein grobes Bild von ihrem Gesundheitszustand zu machen. Immer wieder ergibt sich dabei die Notwendigkeit, die Kundin oder den Kunden an einen Arzt zu verweisen, oder im Rahmen der betreuten Selbstmedikation die Anwendung von Arzneimitteln zu empfehlen.“

Tatsächlich dürfte das auch im Fall des Bloggers passiert sein, wie dieser auch in seinem Beitrag schreibt. Auf die per Mail gestellte Frage an die Apotheke sei der vermeintliche Kunde an den Hersteller des angefragten Produktes verwiesen worden – mit dem Hinweis, komplementäre Produkte nur ergänzend einzusetzen. „Es erklärt sich von selbst, dass komplementärmedizinische Produkte unter keinen Umständen als Ersatz oder Alternative zu Arzneimitteln mit wissenschaftlich belegter Wirksamkeit empfohlen werden können, sondern jegliche Therapie nur ergänzen“, heißt es auch in der Stellungnahme von Mursch-Edlmayr. Dies werde durch die Abgabe über Apotheken und die damit verbundene Beratung sichergestellt: „Selbstverständlich ist uns bewusst, dass die Wirksamkeit komplementärmedizinischer Produkte ein Punkt ist, der in der Bevölkerung und in Fachkreisen äußerst kontroversiell diskutiert wird.“

Für Steinhart ist dennoch klar: „Es tritt nun deutlich zutage, dass es den Apotheken nur um den Verkauf von OTC-Produkten geht. Wir brauchen keine Geschäftemacherei, sondern solide Medizin und die Impfung bei Ärztinnen und Ärzten. Es braucht die zuverlässige Grundversorgung mit den notwendigsten Medikamenten bei niedergelassen Ärztinnen und Ärzten, damit man sich unnötige Wege erspart“, richtet der Ärztevertreter den Blick auf die Weiterentwicklung des Gesundheitssystems. Sein Fazit aus dem Fall: Das Thema Impfen in Apotheken habe sich damit nun endgültig erledigt. (red)