Lieferengpässe: ÖGK-Chef Wurzer kritisiert exportierende Apotheken

Der neue ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer sollte mehr Macht bekommen, fordert eine Studie.

In der aktuellen Debatte über Lieferengpässe bei Medikamenten kritisiert der Generaldirektor der neuen Österreichischen Gesundheitskasse jene Apotheken, die durch Parallelexporte seiner Ansicht nach die Versorgung gefährden.

Bernhard Wurzer, Generaldirektor der neuen Österreichischen Gesundheitskasse ÖGK zu der die neun Gebietskrankenkassen fusioniert werden, nimmt im Hinblick auf Lieferengpässe und die Debatte über eine Wirkstoffverschreibung auch die Apotheken in die Pflicht. Er betont, dass für die Krankenkasse zentral sei, dass die Lieferbarkeit aller Medikamente sichergestellt sei. Hier müsse man deshalb Lösungen finden und nicht diskutieren, wie man mit Engpässen umgehen kann. „Lieferengpässe haben unter anderem den Grund darin, dass in Österreich eingekaufte Medikamente exportiert werden. Es geht nicht, dass Medikamente, die für den österreichischen Markt bestimmt sind, ins Ausland gebracht werden, wo mehr dafür bezahlt wird. Das ist aus Sicht der Versorgung unzulässig.“ Man müsse in die Detailanalyse gehen und sehen, woran die Probleme liegen und wie man sie beheben könne, sagt Wurzer. Im Hinblick auf Exporte seien allerdings die Apotheker aufgefordert, etwas gegen einzelne schwarze Schafe zu unternehmen.

Zustimmung bekommt Wurzer vom Industrieverband Pharmig. „Eine der Ursachen für Lieferengpässe ist unzweifelhaft das niedrige Preisniveau bei rezeptpflichtigen Arzneimitteln in Österreich und der daraus resultierende Parallelexport. Auch wenn es den freien Warenverkehr in der EU gibt, müssen wir darüber nachdenken, wie wir bei so hochsensiblen Produkten wie Arzneimitteln damit umgehen, dass diese exportiert und in anderen Märkten gewinnbringend verkauft werden. Sie fehlen dann in den heimischen Apotheken und es ist klar, dass in jedem Fall und ohne Einschränkung prioritär die österreichischen Patientinnen und Patienten zu versorgen sind“, sagt Pharmig-Generalsekretär Alexander Herzog. Es gelte daher, dass man mit dem Großhandel und den Apotheken alles daran setze, die Arzneimittel in Österreich verfügbar zu halten.

Sowohl Großhandel und Apotheken weisen hingegen die Kritik zurück. Das Problem der Lieferengpässe sei vielschichtig und habe mehrere Ursachen, heißt es aus dem Apothekerverband. „In unserer globalisierten Welt, wird der Großteil der Medikamente an wenigen Standorten in China und Indien produziert. Treten dort Produktionsprobleme auf, wirken sie sich weltweit aus – das spüren auch wir in Österreich. Hinzu kommt, dass wir im Arzneimittelsektor ein Niedrigpreisland sind und ein dementsprechend wenig attraktiver Absatzmarkt“, schreibt der Verband. In dieser komplexen Gemengelage komme es auch zu sogenannten Reexporten. Genaue Zahlen liegen jedoch nicht vor, hierzu gibt es keine Erhebungen. „Entscheidend ist das konstruktive Arbeiten an Lösungen – hier bringen wir uns als Apothekerverband intensiv ein.“

„Die Lieferkette ist heute viel anfälliger und sensibler. Wir sind mit einer Zentralisierung der Produktion und steigenden Verfügbarkeitsproblemen durch Preissenkungen bei den Medikamenten konfrontiert“, sagt die Generalsekretärin des Großhandelsverbandes PHAGO, Monika Vögele: „Der Parallelhandel führt definitiv nicht bei den Patienten zu einem Versorgungsproblem! Die Versorgungskette wäre deutlich robuster, wenn der Vollgroßhandel alle Arzneimittel von der Industrie beziehen kann. Und die Transparenz für den Patienten ist am besten, wenn die Industrie kurzfristige Lieferengpässe melden muss.“ (rüm)