Neues Apothekengesetz sorgt für Streit

(c) Rümmele

Die Ärztekammer warnt vor einer „Qualitätsminderung“ und einer Schwächung des niedergelassenen Bereichs durch die Apothekenreform. Der Apothekerverband kontert.

Johannes Steinhart, Präsident der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK), übt harte Kritik an der geplanten Novelle des Apothekengesetzes. Dass Ärzt:innen nicht in die Reform eingebunden waren, verärgere ihn. Das einzig Positive an der Novelle seien die ausgedehnten Öffnungszeiten. „Alles andere ist ein echtes Problem“, sagt Steinhart. Vor allem die Erweiterung auf bis zu drei Filialapotheken sind für Steinhart „eine absolute Kriegserklärung und Zerstörung der Hausapotheke“. Dadurch würde es noch schwieriger werden, Ärzt:innen für kleine Gemeinden zu finden, gibt auch Edgar Wutscher, Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzt:innen und Vizepräsident der Ärztekammer, zu bedenken. Das Gesundheitsministerium macht sich hier allerdings keine Sorgen, schon jetzt erfolge die Versorgung mit Medikamenten „in erster Linie“ über öffentliche Apotheken. Wenn es in der Ortschaft bereits eine Hausapotheke gebe, dürfe außerdem auch künftig keine Filialapotheke errichtet werden, hieß es gegenüber dem „Kurier“. Gleichzeitig verhindere auch eine Filialapotheke nicht die Bewilligung einer ärztlichen Hausapotheke, wird die Apothekerkammer ebendort zitiert.

Neben der Filialapotheken-Regelung stößt der Ärztekammer aber auch die geplanten Medikationsanalysen in den Apotheken sauer auf. Steinhart wirft der Apothekerkammer vor, sie sei „extrem invasiv und versucht Bereiche an sich zu reißen, die eigentliche der ärztlichen Kompetenz unterliegen“. Laut Wutscher seien Apotheker:innen nicht ausreichend dafür ausgebildet. „Jeder der einen Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein macht, ist besser medizinisch ausgebildet“, meint er. Ohne weitere Informationen über die Patient:innen wie Laborwerte und Krankheiten mache die Medikationsanalyse auch keinen Sinn. Auch die Durchführung einfacher Gesundheitstests habe keinen Mehrwert, wenn im Anschluss keine ärztlichen Maßnahmen eingeleitet werden könnte, meint Wutscher weiter. Nicht geklärt sei auch, ob und wie eine Dokumentation über die Befunde stattfinden solle. Als nächsten Schritt sucht die Ärztekammer nun das Gespräch mit Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne). Darüber hinaus sollen Patient:innen in den Ordinationen informiert werden. Die Ärzt:innen würden sich außerdem überlegen, ob sie angesichts der nach wie vor schwierigen Medikamentenversorgung andere Wege eröffnen könnten, zum Beispiel über das Internet, erklärt Steinhart.

Die Reaktion der Apotheker:innenschaft ließ nicht lange auf sich warten. Steinharts Aussagen werden – besonders in Zeiten von Krieg in Europa und dem Nahen Osten – vom Österreichischen Apothekerverband als „verbale Entgleisung“, „verstörende Rhetorik“ und „in höchstem Maße irritierend“ eingestuft. In einer Aussendung lässt der Verband wissen, dass „das Augenmaß für eine ernstzunehmende Debatte“ in der Ärztekammer „vollends verloren gegangen zu sein“ scheint. „Uns nun über die Medien auszurichten, dass jeder, der einen Erste-Hilfe-Kurs für den Führerschein macht, medizinisch besser ausgebildet sei als eine Apothekerin oder ein Apotheker, ist unerhört und einer Standesvertretung unwürdig. Wer dieser Meinung ist, möge sich das Curriculum des Pharmaziestudiums einmal ansehen“, kommentiert Thomas W. Veitschegger, Präsident des Österreichischen Apothekerverbands.

In der Aussendung des Verband heißt es weiter, dass das Angebot in den österreichischen Apotheken stets den Kompetenzen der Apotheker:innen sowie deren Mitarbeiter:innen entsprechen werde. Die Gesetzesnovelle würde den Zugang der Menschen zu gesundheitlichen Versorgungsleistungen verbessern und Ordinationen entlasten – genau das sollte laut Verband auch im Interesse der Ärztekammer sein. „Was niemand aus den Augen verlieren darf und uns im Österreichischen Apothekerverband besonders wichtig ist: zum Wohle der Bevölkerung Lösungen suchen und anbieten. Gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium, dem Dachverband und allen weiteren Beteiligten einen konstruktiven Austausch anstreben. Denn es muss oberstes Ziel aller Player im Gesundheitssystem sein, gemeinsam an sinnvollen Maßnahmen zu dessen Stärkung zu arbeiten. Umso bedauerlicher ist der Reflex der Ärztekammer, jede Reform zu bekämpfen und damit die gedeihliche Zusammenarbeit der verschiedenen Gesundheitsberufe zu gefährden. Das muss ein Ende haben“, fordert Veitschegger. (kagr/APA)