Österreich hinkt bei Krebspatenten hinterher

© Parlamentsdirektion / Michael Buchner

Eine aktuelle Studie des Europäischen Patentamts zeigt, wie Österreich im Vergleich zu anderen europäischen Ländern bei Erfindungen im Bereich Krebs abschneidet.

Wie macht sich Österreich bei Erfindungen zur Bekämpfung von Krebs? Laut einem Ranking des Europäischen Patentamts (EPA) nicht besonders gut. Die im Rahmen der Studie „Patente und Innovationen gegen Krebs“ veröffentlichte Auswertung sieht Österreich bei Erfindungen in der Krebsdiagnose, -therapie oder -forschung nur im Mittelfeld. Basis des Rankings bildete eine neue Online-Plattform zu „Technologien der Krebsbekämpfung“, die unter anderem die Anzahl von Patenten eines Landes zählt, die zwischen 2002 und 2021 in zwei oder mehreren Ländern angemeldet wurden – sogenannte „Internationale Patentfamilien“, kurz IPF. Mit 647 IPF liegt Österreich auf Platz elf, allerdings weit hinter dem 10. Platz, Dänemark, mit 1.415 IPF. Europa- und EU-weit klar vorne ist der Auswertung zufolge Deutschland mit 9.375 IPF, gefolgt von Großbritannien (6.070), Frankreich (5.078) und der Schweiz (4.812).

Deutlich vor Österreich liegen mit Schweden (1.752) oder Belgien (1.551) neben Dänemark weitere punkto Einwohnerzahl vergleichbare Länder. Ähnlich wie Österreich liegt Irland mit 616 IPF, mit etwas Respektabstand folgen dann Norwegen, Finnland, die Türkei oder Polen. Rechnet man die Patentanmeldungen auf die Einwohner:innenzahl herunter, führt die Schweiz das Ranking mit großem Abstand an. Hier stehen 555 Patente pro eine Millionen Einwohner:innen zubuche. Österreich erreicht in dieser Auswertung europaweit den zwölften Rang (72,6 Patente pro Million), heißt es in dem Papier.

Insgesamt habe die Entwicklung in den vergangenen Jahren weltweit deutlich Fahrt aufgenommen: Vor allem ab dem Jahr 2015 zeigt die Kurve der jährlichen Innovationen auf dem Gebiet steil nach oben. Der Bericht listet insgesamt rund 140.000 einschlägige Entwicklungen weltweit zwischen 1971 und 2021 auf. Unter anderem durch die Fortschritte in Diagnose und Behandlung vieler Krebserkrankungen seien in der EU zwischen 1988 und 2022 um die 5,4 Millionen Krebstode vermieden worden. Inhaltlich haben sich der Auswertung zufolge die Bereiche Immun- und Gentherapie mit in etwa verdoppelten IPF-Zahlen im Zeitraum 2015 bis 2021, sowie neue Zugänge zur Krebsdiagnostik, etwa über Blutproben-Analysen, stark weiterentwickelt. In letzterem Feld registrierte man sogar eine Verfünffachung der Patentaktivitäten. Im Bereich Gesundheitsinformatik gehe die Entwicklung stark in Richtung Krebserkennung mit Unterstützung von Methoden des maschinellen Lernens beziehungsweise Künstlicher Intelligenz (KI).

Haupttreiber dieser Weiterentwicklungen sind weiter die USA: Von dort kamen zwischen 2002 und 2021 nahezu 50 Prozent der einschlägigen zum Patent angemeldeten Innovationen. Europa liegt in diesem Zeitraum mit 18 Prozent noch auf Rang zwei. Allerdings weist die Auswertung China in den Jahren 2020 und 2021 im Vergleich mit Europa bereits gleichauf beziehungsweise leicht in Front aus. Europa stehe zwar an „zweiter Stelle bei der Entwicklung krebsbezogener Technologien, aber wir können und müssen eindeutig mehr tun – vor allem, wenn man bedenkt, dass für die kommenden Jahre ein Anstieg der Krebsdiagnosen prognostiziert wird“, sagt EPA-Präsident António Campinos. Der Präsident des Österreichischen Patentamtes, Stefan Harasek, kommentierte, dass Erfinder:innen hierzulande „einen wichtigen Beitrag in diesem gesellschaftlich so bedeutenden Forschungsgebiet und setzen Impulse für die Bekämpfung von Krebs“.

In Österreich ist die Onkologie mit etwa 36 Prozent aller klinischen Prüfungen das am meisten beforschte Therapiegebiet. Im Zeitraum von 1995 bis 2020 wurden 145 neue Arzneimittel in der Onkologie zugelassen. Bis 2022 wurden in Europa weitere 43 neue Krebsmedikamente auf den Markt gebracht – 24 davon mit neuem Wirkstoff. Zahlreiche weitere Medikamente befinden sich zurzeit in Entwicklung. Durch intensive Forschung werden mache Krebsarten immer besser behandelbar oder sogar zu chronischen Erkrankungen. „Das ist ein gewaltiger Ansporn für alle, die sich im ohnehin komplexen wie ausdauernden Kampf gegen Krebs engagieren“, sagt Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG, anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar.

Die Medizin sei auf dem Weg, „Krebs langfristig zu kontrollieren oder idealerweise zu heilen“, betonte am Sonntag auch Biontech-Chef Uğur Şahin. Er meinte zum deutschen Nachrichtenmagazin „Spiegel“, er sehe „prinzipiell keinen Grund, warum nicht viele Krebsarten früher erkennbar und besser heilbar sein sollten.“ Hintergrund sei eine Entwicklung, die Şahin „die große Wissensrevolution“ nennt: eine sich immer schneller drehende Spirale aus Fortschritt und Entwicklungssprüngen, getrieben von digitalen Technologien und künstlicher Intelligenz. (kagr/rüm/APA)