Pharmaindustrie sorgt sich um Standorte in Österreich

Die forschende Pharmaindustrie warnt vor Spardruck und fordert eine Nutzenbewertung von Medikamenten nach einem objektiven Kriterienkatalog. Innovative Medikamente würden aufgrund von Hürden in der Erstattung nicht rechtzeitig zu Patienten kommen.

Der Wert medizinischer Innovation wurde in der Pandemie überdeutlich, sagt das Forum der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI) in einer Aussendung. Dennoch sei ein rascher, breiter und einheitlicher Zugang für Patienten zu modernen Therapien in Österreich erschwert. Eine objektive Bewertung und klare Anerkennung von erwiesenem, medizinischem Nutzen der Innovation würde den Patienten zur mehr Lebensqualität verhelfen und gleichzeitig dem System enorme Kosten sparen, teilt das FOPI mit. Medizinische Innovationen hätten aber nicht nur einen riesigen Anteil an der Bewältigung der Pandemie und der Wiederherstellung des Alltags, sie sorgen auch dafür, dass der medizinische Standard angehoben wird und die Menschen dadurch in Österreich bestmöglich versorgt werden können.

„Die forschenden Pharmaunternehmen sind in puncto F&E die innovationskräftigste Branche des Landes und investieren mit 15,4 % des Umsatzes im europäischen Schnitt auch den höchsten Anteil aller Branchen in Forschung & Entwicklung“, schreibt FOPI. Klinische Studien in Österreich durchzuführen sei für den medizinischen Fortschritt besonders essenziell, da über sie nicht nur medizinische Therapien weiterentwickelt werden, sondern auch heimische Ärzte in den neuesten medizinischen Entwicklungen ausgebildet werden. Doch während in anderen Ländern Europas sich die Zahl der Studienprojekte zwischen 2016 bis 2019 um fast 10 % erhöht hat, sei der Wert in Österreich seit drei Jahren stabil, über die vergangenen zehn Jahre sogar rückläufig.

Sorgen machen müsse man sich in Österreich aber nicht nur um den Innovationsstandort, sondern auch die Versorgung. „Erstattung und somit Zugang zu neuen und besseren Therapien gibt es in Österreich deutlich später und eingeschränkter als bei den europäischen Nachbarn. Während innovative Arzneimittel in Deutschland durchschnittlich 50 Tage nach Zulassung verfügbar sind, dauert es in Österreich 282 Tage. Das liegt mitunter daran, dass Aspekte wie Lebensqualität, Verträglichkeit oder Anwendernutzen zwar für die Patienten eine große Rolle spielen, bei der Bewertung von Innovationen aber nicht berücksichtigt werden – und somit Investitionen in die Erforschung neuer therapeutischer Anwendungsgebiete (Indikationserweiterungen) oder in bessere Darreichungsformen bei der Erstattung durch einen kräftigen Preisabschlag quasi sogar bestraft werden.“

Lösen ließe sich dieses Problem über eine europaweit verbindliche Nutzenbewertung nach einem objektiven Kriterienkatalog parallel zum Zulassungsprozess. „Das innovationsfeindliche österreichische Kuriosum, Nutzenbewertung und Preisfindung von derselben Institution definieren zu lassen, würde damit obsolet werden.“ Wichtig sei auch das Vergleichen eines Nutzens mit Vergleichbarem, also etwa nicht mit einem älteren und nicht mehr auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft befindlichen und somit auch günstigen Produkt, sondern mit einem ebenfalls innovativen Produkt, der aktuellen „state of the art“ Behandlung. (red)