Schmerzmittel könnten Empathie und Hilfsbereitschaft reduzieren

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Wer selbst weniger schmerzempfindlich ist, hilft anderen weniger gerne. Zu diesem Ergebnis kommt eine experimentelle Studie der Universität Wien.

Dass das eigene Schmerzempfinden und Schmerzempathie zusammenhängen, ist schon länger bekannt – wer weniger Schmerzen fühlt, ist weniger mitfühlend, wenn andere Schmerzen empfinden. Dasselbe gilt für den Zusammenhang zwischen Empathiefähigkeit und der Hilfsbereitschaft. Nun wurde aber erstmals erforscht, ob Menschen, die weniger Schmerz empfinden auch wirklich weniger hilfsbereit sind. Eine experimentelle Studie der Universität Wien bestätigt diese Annahme. Das Studienergebnis weist darauf hin, dass bereits die einmalige Einnahme von Schmerzmitteln subtile Auswirkungen auf unser Verhalten gegenüber anderen haben können – die Einnahme macht uns weniger empathisch und verringert unsere Hilfsbereitschaft. Das könnte weitreichende Folgen für Personen mit chronischen Schmerzleiden haben, aber auch für Personen, die öfter Schmerzmittel nehmen, haben.

Bei der Studie wurde 90 Proband:innen eine Situation vorgespielt, wo eine Person vermeintlich schmerzhaften elektrischen Stimulationen ausgesetzt war. Die Proband:innen hatten die Möglichkeit, die Anzahl dieser Stimulationen durch das Zusammendrücken eines Kraftmessgeräts zu verringern, wobei die Hälfte der Gruppe davor ein Placebo-Schmerzmittel erhalten hatte. Placebo deshalb, weil schon der Glaube, ein Schmerzmittel zu nehmen, hilft, Schmerzempfinden zu reduzieren. Im Zuge der Studie stellte sich heraus: Jene Teilnehmenden, die das Placebo erhalten hatte, waren weniger bereit, die Anzahl der Stimulationen zu verringern, als die Gruppe ohne Placebo. Dies war allerdings nur der Fall, wenn man der anderen Person nur wenig helfen könnte, also beispielsweise die Reize um einen verringern konnte. Und selbst wenn Personen sich dazu entschieden hatten, der anderen Person zu helfen, drückte die Placebo-Gruppe das Kraftmessgerät weniger stark als die Kontrollgruppe. „Vorherige Studien hatten bereits gezeigt, dass so ein Scheinmedikament Empathie reduziert. Unser Experiment zeigt nun erstmals, dass dadurch auch die Bereitschaft zu tatsächlich helfendem Verhalten reduziert wird, auf Basis dieser reduzierten Empathie“, erläutert Helena Hartmann, Kognitionspsychologin an der Uni Wien, deren gemeinsam mit Kollege Claus Lamm durchgeführte Studie in der Zeitschrift „Psychological Science“ veröffentlichte. „Sollte sich dies für tatsächliche Schmerzmedikamente und in Studien außerhalb des Labors bestätigen, müsste dieser negative soziale Nebeneffekt publik gemacht werden“, ergänzt Lamm. (kagr)

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