EAU 2013: Aggressives Potenzial kleiner Nierentumoren – Behandlung angeraten

Immer häufiger werden kleine Nierentumoren bzw. Raumforderungen („small renal mass“) als Zufallsbefund entdeckt. Behandeln oder nicht behandeln, ist die Frage. Es gibt keinen Konsens im Management von kleinen Nierentumoren bei bestehender Kontroverse über Risiken und Vorteile von Active Surveillance und Behandlung.

Prof. Hein van Poppel, Experte für urogenitale Tumoren an der Universität Leuven, Belgien, erklärte dazu: „Kleine Nierentumoren stellen eine Herausforderung dar, da es trotz aller Entwicklungen auf dem Gebiet der Technologie und Diagnostik nach wie vor unmöglich ist, ihr Verhalten exakt vorauszusagen.“ Van Poppel vertritt die Meinung, dass kleine Nierentumoren in den meisten Fällen behandelt werden sollten, da die Vorteile des abwartenden Beobachtens nicht sehr überzeugend sind. Auch wenn das Nierenzellkarzinom klein sei, wäre dieses ein gefährlicher Tumor, da er leicht metastasiere. Zahlreiche kleine Tumoren müssten zwar – weil benigne – nicht operiert werden, aber es gebe noch kein Kriterium, das einen sicheren Ausschluss eines Nierenzellkarzinoms zulasse. Auch Biopsien erlauben laut van Poppel kein zuverlässiges Urteil und seien zudem komplikationsbehaftet (Blutungen, Fisteln, Fibrose etc.). Gemäß van Poppel bleibt in der urologischen Praxis die offene partielle Nephrektomie Goldstandard. Experten könnten diese auch laparoskopisch durchführen.

Eine neue große retrospektive Multicenterstudie weist auf das aggressive Potenzial kleiner Nierenzelltumoren hin. Dr. Sandra Steffens et al., Klinik für Urologie und Urologische Onkologie, Medizinische Hochschule Hannover, bezogen 2.197 Patienten nach operativer Entfernung eines histologisch bestätigten Nierenzelltumors (maximaler Durchmesser ≤ 4 cm) in 6 tertiären Versorgungszentren in Deutschland in die Studie ein.

Das Risiko eines Lymphknotenbefalls oder von Fernmetastasen stieg nicht signifikant mit steigender Tumorgröße. Nach einem medianen Follow-up von mehr als 5 Jahren lagen die tumorassoziierten Todesfälle bei den Tumorgrößen-Subgruppen ≤ 2 cm, 2–3 cm und 3–4 cm bei 6,5 %, 7,6 % und 8,4 %. Die tumorspezifischen 5-Jahres-Überlebensraten unterschieden sich mit 93,3 %, 92,1 % und 92,8 % nicht signifikant. Patienten ohne Metastasierung zum Zeitpunkt der Diagnose/Operation hatten eine tumorspezifische 5-Jahres-Sterblichkeitsrate von 5,8 %. Die tumorspezifische 5-Jahres-Sterblichkeitsrate war bei den 75 Patienten mit Metastasierung zum Zeitpunkt der Operation signifikant höher. Die Autoren betonen, dass es sich zwar bei den meisten kleinen Nierenzelltumoren um pT1a-Tumoren mit guter Prognose handelt, eine kleine Patientensubgruppe aber bereits eine lokal fortgeschrittene Erkrankung oder schlecht differenzierte Tumoren haben. Somit könnten laut Autoren kleine Nierenzelltumoren nicht generell als harmlos eingestuft werden, sie benötigen ein standardisiertes Follow-up. Die Daten bestätigen laut Steffens, dass kleine Nierenzelltumoren auch aggressives Potenzial haben und adäquat behandelt werden sollten. Derzeit werden nichtoperative Surveillance-Protokolle eingesetzt (Abstract #338).

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