Editorial Spectrum Urologie 1/2011

Wer die Berichterstattung zur Gesundheitspolitik in Oberösterreich verfolgt hatte, wusste: Die Kinderurologie in Linz – und damit wohl auch in ganz Österreich – war kurz vor der faktischen Auflösung. Denn es war auf Ratschlag eines „gesundheitspolitischen Lenkungsausschusses“ aus Kosteneinsparungsgründen geplant, die Kinderurologie aus dem KH der Barmherzigen Schwestern in Linz in Bausch und Bogen in die dortige Landesfrauen- und Kinderklinik zu verlegen, um sie der dortigen Pädiatrie einzuverleiben. Ganz abgesehen davon, dass eine solche Verlegung aller Vernunft widersprochen hätte, da die bei den BHS gewachsenen Strukturen dermaßen spezialisiert und gut aufeinander abgestimmt funktionieren, wäre ein solcher Schritt kaum organisierbar gewesen. Überdies hätte das wohl bedeutet, dass die kinderurologischen Experten sich einen anderen Arbeitsplatz gesucht hätten. Wenn man nun weiß, wie wichtig diese Abteilung mit ihrer Schrittmacherfunktion für die Kinderurologie in ganz Österreich ist, dann kann man erahnen, was die Gefährdung dieser hervorragenden Institution eigentlich bedeutet hätte: den Anfang vom Ende der Kinderurologie in Österreich.
Daher habe ich es Prim. Dr. Jeschke, dem amtierenden Präsidenten der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie, gleichgetan und im Namen aller Urologen und vor allem der Mitglieder des Berufsverbandes der Österreichischen Urologen ein Schreiben an Landeshauptmann Dr. Pühringer gesandt und ihn darin gebeten, von dem geplanten Vorhaben Abstand zu nehmen.
Als gelernter Österreicher ist man geneigt, derartige Schreiben nicht zu überschätzen. Offenbar waren das aber neben den fehlenden rationalen Argumenten weitere Tropfen, die das Fass zum Überlaufen gebracht haben: In der entscheidenden Sitzung der politischen Gremien fiel letzen Endes der Entschluss, die Kinderurologie in Linz unverändert zu lassen. Andere, vor allem kardiologische Abteilungen, sind jedoch nicht ungeschoren davongekommen.
Betrachtet man die Kennzahlen im oberösterreichischen Gesundheitssystem, kann man allerdings nur zu gut verstehen, dass auch seitens der Politik einschneidende Maßnahmen erwogen wurden. Es spricht aber für die oberösterreichische Landespolitik, dass gute Argumente dann doch zählten und man den vorher fix geplanten Schritt unterlassen hat. An dieser Stelle sei allen gedankt, die sich ebenfalls engagiert haben, und vor allem Landeshauptmann Dr. Pühringer, der sich auch in diesem Fall als vernünftiger und umsichtiger Lenker seines Bundeslandes erwiesen hat.
Bei der Planung dieser Ausgabe des SPECTRUM UROLOGIE war von all den oben genannten Vorgängen noch nichts bekannt, wohl aber von der Erfordernis, der Kinderurologie in Österreich mehr „Gehör“ zu schenken. Deshalb haben wir als Fokusthema diesmal die Kinderurologie gewählt.
Weiters finden Sie in diesem Heft ausnahmsweise einen englisch verfassten Artikel. Der Autor, Dr. Harun Fajkovic, verbringt derzeit ein Auslandsstudiensemester am bekannten Weill Cornell Medical Center in New York unter der Leitung von Prof. Sharok Shariat, einem der renommiertesten uro-onkologischen Experten weltweit.
Und auch diesmal haben wir uns wieder wichtigen Grenzbereichen der Urologie zugewandt. Sie finden daher sehr informative Artikel zur Behandlung von Stuhlinkontinenz, aber auch zu den Dermatosen des äußeren Genitales, denen oft zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre und den einen oder anderen hilfreichen Tipp für Ihren Berufsalltag!

Ihr Dr. Karl Dorfinger