Editorial ESC-Beilage

Sehr geehrte Leser und Leserinnen!

Zur Jahrestagung der Europäischen Kardiologischen Gesellschaft (ESC) in München Ende August 2012 sind Tausende von Kollegen aus verschiedenen Ländern Europas, aber auch aus anderen Kontinenten angereist. In vielen Symposien, Vortagsreihen und Posterpräsentationen wurden neue Erkenntnisse auf verschiedensten Gebieten der Kardio­logie präsentiert. Einem einzelnen Kongressbesucher ist es unmöglich, bei dieser Informa­tionsflut den Überblick zu behalten. Diesem Umstand Rechnung tragend hat das Redaktionsteam dankenswerterweise bereits vor dem Kongress eine Auswahl vermutlich interessanter Sitzungen vorgenommen und verschiedene Kollegen gebeten, die Sitzungen zu besuchen und darüber zu berichten. Das Ergebnis dieser Bemühungen finden Sie im jetzigen Heft: Sie lesen Berichte über den ESC-Kongress, verfasst von ausgewiesenen Experten in dem jeweiligen Gebiet der Kardiologie über die vorgestellten „Neuigkeiten“.

Neue Guidelines über die Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern wurden auf dem ESC-Kongress vorgestellt. Es taucht die Frage auf, ob es sinnvoll und zweckmäßig ist, in so kurzen Intervallen Guidelines zu verändern – zur Erinnerung: die letzten Guidelines über Vorhofflimmern wurden erst 2010 erstellt.

Eine Neuerung in Guidelines über Vorhofflimmern macht nachdenklich: Es findet sich in den Guidelines erstmals in den Entscheidungsbäumen die Kategorie „Patientenwunsch“. Steht dieser unwissenschaftliche Begriff im Einklang mit der evidenzbasierten Medizin? Sollten nicht Guidelines dazu dienen, den Ärzten wissenschaftlich basierte Leitlinien vorzugeben, um den teilweise unrealistischen und emotional geprägten Wünschen der Patienten Daten und Zahlen entgegenzusetzen? Wie weit soll der Patientenwunsch unser ärztliches Handeln bestimmen? Da tauchen Fragen der ärztlichen Ethik auf.

Auf jeden Fall wünsche ich Ihnen und Ihren Familien frohe Feiertage und Glück und Gesundheit für 2012. Nützen Sie die ruhigen Tage um den Jahreswechsel zur Entspannung und Erholung – und vielleicht auch zum Nachdenken!

Univ.-Prof. Dr. Claudia Stöllberger