Interleukin 6 & rheumatoide Arthritis – Pleiotrope Wirkungen und Potenzial für Interferenz

Interleukin 6 & rheumatoide Arthritis An der Pathogenese der rheumatoiden Arthritis (RA) ist eine Vielzahl von Zytokinen beteiligt, unter denen es kein „Master-Zytokin“ zu geben scheint, das sich in seinen Wirkungen oder klinischen Effekten abhebt. Sowohl TNF-α als auch IL-1 und IL-6 sind bei der RA erhöht, haben pleiotrope Wirkung und wirken redundant. Die Effekte der einzelnen Zytokine werden darüber hinaus noch durch einen „Crosstalk“ verstärkt. Ein Zytokin mit sehr vielfältigen Wirkungen ist IL-6. Es gibt sogar rezente Hinweise darauf, dass IL-6 am Wirkprinzip der B-Zell-Depletion beteiligt ist.

Pro- und antiinflammatorische Wirkung von IL-6

Alle Vertreter der IL-6-Familie verwenden den Korezeptor gp130 zur Signalübertragung. IL-6 wirkt entweder über direkte Bindung an den membranständigen IL-6-Rezeptor („klassisches Signalling“) oder durch vorherige Bindung an den löslichen IL-6-Rezeptor und anschließender Bindung dieses Komplexes an das Homodimer des Korezeptor gp130 („Transsignalling“). Nach heutigem Verständnis scheint IL-6 über den klassischen Signalweg eher antiinflammatorische, regenerative Effekte zu haben, während über das Transsignalling proinflammatorische Effekte ausgeübt werden. Anti-IL-6 und Anti-IL-6-Rezeptor-Antikörper hemmen Transsignalling und klassisches Signalling, während sgp130 nur das Transsignalling inhibiert.

Wirkungen von IL-6

T-Zellen: IL-6 wirkt antiapoptotisch und verschiebt die TH1/TH2-Balance in Richtung TH2. Zudem wird die Produktion von Chemokinen gesteigert, die die T-Zell-Einwanderung fördern. IL-6 beeinflusst auch die TH17-Differenzierung. So werden durch IL-6 und TGF-β TH17-Zellen generiert, die IL-17A und IL-10 induzieren, durch IL-6, IL-1β und IL-23 jene TH17-Zellen, die IL-17A und IFN-γ induzieren. IL-6 wirkt unterschiedlich auf verschiedene regulatorische T-Zell-Populationen (Treg). Während CD4-Treg gehemmt werden, kommt es zur Steigerung der Aktivität von CD8-Treg. Die Treg/TH17-Balance wird durch IL-6 in Richtung TH17 reguliert.

B-Zellen: IL-6 führt zur Differenzierung follikulärer T-Helferzellen, die IL-21 freisetzen, welches wiederum die Differenzierung von naiven und Memory-B-Zellen und die IgG-Produktion fördert und als Wachstumsfaktor für B-Zellen wirkt.

Angeborene Immunität: Durch die Förderung der Differenzierung von Monozyten zu Ma­krophagen, aber nicht zu DC, und durch Hochregulation von M-CSFR fördert IL-6 entzündliche Phänomene. Diese werden durch die Beeinflussung von Chemokinen und Chemokinrezeptoren begünstig. Polymorphkernige Neutrophile werden gehemmt und Monozyten gesteigert (mononukleäre Infiltration durch IL-6). Durch Wirkung auf IL-17A führt IL-6 aber indirekt auch zu einer Rekrutierung neutrophiler Granulozyten und damit zu einer Neutrophilie.

Osteoklasten, Kollagen, Knorpel, Gefäße: IL-6 bewirkt durch Hochregulation von RANKL und eventuell auch durch Transsignalling eine Osteoklastogenese. Auch IL-21 begünstigt die Osteoklastendifferenzierung und den Knochenabbau. Diese Effekte sind durch IL-6-Blockade beeinflussbar, wie auch die Wirkung von IL-6 auf die Typ-I-Kollagen-Synthese (Fibrose) sowie die Aktinproduktion der glatten Muskelzellen. IL-6 reguliert das von synovialen Fibroblasten synthetisierte VEGF, das zu Angiogenese und erhöhter Gefäßpermeabilität führt.

Fazit

IL-1, IL-6, TNF-α und eine Vielzahl anderer Zytokine sind bei fast allen Entzündungen erhöht, haben pleiotrope, aber keine ausgeprägten substanzspezifische Effekte, wirken redundant und stehen miteinander im Crosstalk.
Bei verschiedenen chronisch-entzündlichen Erkrankungen dürften unterschiedliche Kombinationen von Wirkmechanismen vorherrschen, was eine Erklärung dafür liefert, dass Biologika bei unterschiedlichen Erkrankungen unterschiedlich gut wirksam sind.
Die Wirksamkeit einer Substanz, die mit Zytokinen interferiert, dürfte von den jeweiligen Kombinationen von Wirkungen mit unterschiedlichen pro- bzw. antiinflammatorischen Mustern der einzelnen Substanzen abhängen. Wirkstoffe scheinen umso effektiver zu sein, je besser das Wirkungsmuster auf das spezifische Erkrankungsmuster passt. Derzeit fehlen allerdings noch (Labor-)Parameter, anhand derer die Muster identifiziert werden könnten.

 

Literatur beim Verfasser