Die Selektion aus der reichhaltigen Menge der Erfolge im Bereich der klinischen Forschung zur Therapie des Mammakarzinoms fällt geradenach schwer. In allen klinisch relevanten molekularen Subtypen – Hormonrezeptor-positiv (HRpos), Her2-positiv (Her2pos), triple-negativ (TNBC) – und über alle Krankheitsstadien hinweg zeichneten sich deutliche Überlebensvorteile durch neue Medikamente ab, die vor zwanzig Jahren so sicher nicht zu erwarten gewesen wären. Dieser Artikel kann daher Subtyp für Subtyp nur eine grobe Zusammenfassung dessen widerspiegeln, was durch große Anstrengungen transnationaler Studien in der angesprochenen Zeitspanne erreicht wurde.
Die letzten zwanzig Jahre haben den Standard einer dreiwöchentlich wiederholten, gesamt 18–24 Wochen dauernden und aus 6–8 Therapiezyklen bestehenden Chemotherapie mit Taxan- und Anthrazyklin-haltigen Schemata, entweder als Kombination oder gefolgt voneinander, als Therapie des frühen Brustkrebs etabliert. Eine Metaanalyse schätzte den Überlebensvorteil durch derartige Therapien auf etwa ein Drittel bezogen auf das Gesamtüberleben (Overall Survival, OS) von Frauen mit frühem Brustkrebs, was als großer Erfolg der letzten zwanzig Jahre gewertet werden kann. Anthrazyklin-freie Therapien können auf Basis der amerikanischen ABC-Studien für Patientinnen in schlechtem Allgemeinzustand oder mit kardialen Begleiterkrankungen eine gute Alternative sein, da der Wegfall dieses Zytostatikums das Gesamtüberleben nicht zu beeinflussen scheint. Dennoch gilt die Addition eines Anthrazyklins als Standard, da in den entsprechenden Studien signifikante Unterschiede im krankheitsfreien Überleben nachgewiesen wurden.
In den letzten 5–10 Jahren wurde teils kontroversiell über den Zusatz eines Platins zur Standardchemotherapie diskutiert. Während dieser im Her2-positiven Setting trotz der hohen Ansprechraten im TRYPHAENA-Trial aufgrund hoher zusätzlicher Toxizität nicht als Standard angesehen werden kann, sollte auf Basis der Daten aus den Studien GeparSixto und TNT mit TNBC-Patientinnen über den Zusatz diskutiert werden, da es Signale für höhere pathologische komplette Remissionsraten (pCR) sowie ein besseres Überleben gibt. Nicht zuletzt haben diese klinischen Entdeckungen auch dazu geführt, dass routinemäßig mit der genetischen Testung auf Mutationen der Brustkrebs-Suszeptibilitätsgene BRCA1 und 2 begonnen wurde: Im TNT-Trial hatten jene Patientinnen mehr Benefit durch den Zusatz eines Platins, welche eine der Mutationen aufwiesen. Therapiezusätze weiterer Zytostatika scheiterten wohl deswegen an der Änderung des eben beschriebenen Standards, da ihre Hinzunahme auch einer Dosisreduktion ihrer jeweiligen – sehr effektiven und gut etablierten – Kombinationspartner bedurfte.
Ob die Verabreichung von Chemotherapie in kürzeren Abständen als drei Wochen – als „dosisdicht“ bezeichnet – Vorteile für Patientinnen mit frühem Brustkrebs mit Lymphknotenbefall bringt, wurde seit 1999 ebenfalls kontroversiell diskutiert. Mehrere Studien zeigten Vorteile für diese Therapieidee in dem beschriebenen Patientinnenkollektiv, wobei erneut – insbesondere hämatologische – Nebenwirkungen den Einsatz dieser Therapie als Standard verhinderten.
Die pathologische Komplettremission (pCR) als Studienendpunkt hat aufgrund ihrer guten Korrelation mit dem Gesamtüberleben in einer Reihe von Studien und ganz generell die senologische Community erobert sowie die Durchführung neoadjuvanter Chemotherapien gefördert. Obwohl adjuvante Therapien aus wissenschaftlicher Sicht keinen sicheren Vorteil zu bringen scheinen, kann durch die Beobachtung des Tumoransprechens mittels radiologischer Verfahren die verabreichte Therapie im Zeitfenster von bis zu 24 Wochen besser adaptiert und können Resistenzen erkannt werden. Dies spielt insbesondere im Her2pos- und TNBC-Setting eine wesentliche Rolle. Es ist anzunehmen, dass sich diese Entwicklung in Richtung neoadjuvanter Therapieschemata, welche in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich an Fahrt aufgenommen hat, fortsetzen wird.
Im Her2-positiven Bereich revolutionierte die Antikörpertherapie die Behandlung des Her2-positiven Brustkrebs. Der Antikörper Trastuzumab (Herceptin®) allein, gegeben während und als Erhaltung nach Chemotherapie, reduzierte das Risiko zu versterben um mehr als ein Drittel. Aufgrund der durchschlagenden Wirkung liefen bereits mehrere Studien zur Deeskalation und daher dem kürzeren Einsatz von Trastuzumab, bisher jedoch ohne Änderung des derzeitigen einjährigen Standards. Gesamt gesehen hat die Antikörpertherapie der Her2-überexprimierenden Erkrankung den Schrecken genommen, da das Risiko, daran zu versterben, heute nicht mehr signifikant höher ist als im HRpos-Bereich. Dies auch, weil der ebenfalls gegen die extrazelluläre Domäne von Her2 gerichtete Antikörper Pertuzumab seinen Zusatz in der neoadjuvanten Therapie rechtfertigen konnte. Ob die Daten auch einen Einsatz von Pertuzumab im nodal-positiven Setting adjuvant rechtfertigen, wird seit „APHINITY“ kontroversiell diskutiert.
Jedenfalls konnte die pharmakologische Verbindung von Trastuzumab mit dem Chemotherapeutikum Emtansin die onkologische Landschaft neu ordnen: Die Zulassungsstudie erbrachte den Ausgang der standardmäßigen Verwendung des Medikaments T-DM1 in der Zweitlinie des metastasierten Her2pos Mammakarzinoms. KATHERINE führte dieses Jahr zudem zur Zulassung von T-DM1 für Patientinnen mit frühem Her2pos Brustkrebs, die unter Standardtherapie keine pCR erreichten – ein weiterer Meilenstein in dieser einst schwer behandelbaren Entität.
Viel Hoffnung fußt nicht nur in der Senologie, sondern in der gesamten Onkologie auf der Verwendung von Checkpoint-Inhibitoren (CI) – Medikamente, welche durch Blockade immunsuppressiver Moleküle eine Immunantwort auf Tumorzellen verursachen können. Im letzten Jahr kam es zur Präsentation der Daten der IMpassion130-Studie, welche einen deutlichen und klinisch signifikanten Überlebensvorteil für metastasierte TNBC-Patientinnen zeigte, die zusätzlich zu Chemotherapie mit nab-Paclitaxel den CI Atezolizumab erhielten. Es bleibt zu hoffen, dass die Entwicklung immuntherapeutischer Strategien auch im HRpos- bzw. Her2pos-Bereich zur Zulassung von neuen Medikamenten führt, die das Gesamtüberleben weiter verbessern. Mit Spannung muss auch erwartet werden, ob Atezolizumab oder andere CIs bei frühem Brustkrebs – und somit in der (neo)adjuvanten Therapie – ihren Einsatz rechtfertigen können.
Mit dem Einsatz von Aromatasehemmern und selektiven Östrogenrezeptormodulatoren war das hormonabhängige Mammakarzinom de facto schon lange eine Vorfront der zielgerichteten Krebstherapie. Die einschlägigste Entwicklung der letzten Jahre in diesem Bereich war die Entwicklung der CDK4/6-Inhibitoren Abemaciclib, Palbociclib und Ribociclib: Die Zyklin-abhängigen Kinasen 4 und 6 werden in Brustkrebszellen übermäßig exprimiert und deregulieren den Zellzyklus in Richtung kontinuierlicher Zellteilung bzw. -proliferation. Ihre Inhibition konnte in den jeweiligen Zulassungsstudien der MONARCH-, PALOMA- und MONALEESA-Serie klinisch stärkere Effekte bezogen auf das Überleben von Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs zeigen. Die Behandlung mit CDK4/6-Inhibitoren in Kombination mit antihormoneller Therapie musste somit als Erstlinienstandard im metastasierten luminalen Bereich angesehen werden. Es bleibt nun abzuwarten, ob eine Erweiterung der Zulassung in den adjuvanten Bereich erfolgen kann. Die PALLAS-Studie mit österreichischer Beteiligung (ABCSG42) hat bspw. bereits fertig rekrutiert – die Ergebnisse werden mit Spannung erwartet. Ebenso muss abgewartet werden, ob neue antihormonelle Therapeutika, insbesondere oral verfüg
bare selektive Östrogenrezeptor-degradierende Substanzen, die Wirksamkeit der CDK4/6-Inhibition weiter verstärken können. Mit Fulvestrant wurde im letzten Jahrzehnt einer dieser – allerdings nur parenteral verfügbaren – Stoffe ein wichtiger Therapiebaustein bei fortgeschrittener hormonabhängiger Erkrankung.
Es ist anzunehmen, dass die Verfügbarkeit von zielgerichteten Therapien, wie jene des PIK3CA-Inhibitors Alpelisib, welcher im HRpos-Setting nach der SOLAR-1-Studie vor der Zulassung steht, bei entsprechenden Mutationen die Therapie des Mammakarzinoms verbessern und auch individualisieren wird. Dieser Weg der Therapieindividualisierung mit zielgerichteten, antihormonellen, chemotherapeutischen oder immunologischen Mitteln hat jedoch erst begonnen. In weiteren zwanzig Jahren werden wir mehr wissen.