Nicht Wellness, Kur oder Urlaub – Rehabilitation in der Rheumatologie

Bei der Rehabilitation wird speziell auf die Krankheitssituation, die Krankheitsaktivität, persönliche und psychische Aspekte sowie auf die berufliche Situation des Patienten eingegangen und versucht, mit den zur Verfügung stehenden Maßnahmen ein optimales Therapiekonzept für den jeweiligen Patienten zu entwickeln. Sinn moderner Therapiekonzepte ist es unter anderem auch, Kosten einzusparen, jedoch dem Patienten eine optimale Therapie zu ermöglichen und seine Funktionalität zu erhalten.

Was ist Rehabilitation?

Rehabilitation ist ein sich wiederholender, auf Problemlösungen ausgerichteter erzieherischer Prozess, der ganz spezifisch auf Aktivitätseinschränkungen eingeht und somit zur Erhöhung der Teilnahmefähigkeit (Partizipation) führt. Durch diese Maßnahmen kommt es zu einer Verringerung der Sorge von Betroffenen bezüglich ihrer Erkrankung und von Angehörigen, die mit der Betreuung von Patienten mit chronischen Erkrankungen konfrontiert sind. Dies geschieht alles jedoch unter Berücksichtigung der Grenzen, die sich aus der Krankheitsaktivität und den bereits daraus resultierenden Schäden ergeben.
Die Rehabilitation ist von Wellness, Kur, Erholungsaufenthalt oder Urlaub klar abgegrenzt, weil hier ganz speziell auf die körperlichen und psychischen Defizite intensiv eingegangen wird, um die Teilhabe am Leben, die Funktionalität und die Aktivität wieder zu verbessern. Ziel der Rehabilitation ist eine deutliche Verbesserung der Lebensqualität, die einerseits durch einen Krankheitsprozess, durch Funktionseinschränkung und andererseits durch Arbeitsunfähigkeit und soziale Komponenten beeinflusst wird. Daraus kann sich ein Circulus vitiosus entwickeln, in dem die moderne Rehabilitation an mehreren Angriffspunkten ansetzt. Dies zieht eine multi- und interdisziplinäre Zusammenarbeit aller in die Behandlung involvierten Berufsgruppen nach sich. In der Behandlung unterscheidet man dann eine zustandserhaltende Betreuung als Verringerung von Folgeschäden oder eine Behandlung mit dem Ziel der Verbesserung der Ausgangssituation. Dieses wird in regelmäßigen Abständen reevaluiert und beurteilt.

Ziele der Rehabilitation

Um optimal rehabilitieren zu können, müssen spezielle Ziele gesetzt werden, die gemeinsam mit Patient und Rehabilitationsteam definiert werden. Ziele setzen führt zu mehr Veränderungen im Verhalten und zu einer Verbesserung des Lernergebnisses.
Bezüglich der Aktivitätsstörungen ist das Ziel, die Selbstständigkeit des Patienten zu verbessern, weniger auf Hilfsmittel und fremde Hilfe angewiesen zu sein, die Mobilität zu verbessern, ferner die Geschicklichkeit zu trainieren und insgesamt mehr Ausdauer zu erlangen. Ein wichtiger Bestandteil hierbei ist die optimale Krankheitsbewältigung mit intensiver psychologischer Betreuung zur Schmerzbewältigung und zum Umgang mit einer chronischen Erkrankung.
Hauptaugenmerk wird auf die Partizipation gelegt, wobei hier die physische und psychische Unabhängigkeit und Gesundheit im Vordergrund stehen. Durch Abklären seines sozialen Umfeldes, seiner beruflichen Tätigkeit soll der Patient in seiner Umgebung weiter integriert bleiben, die Beschäftigung erhalten können und somit wirtschaftlich eigenständig bleiben. Hierbei sind auch berufliche Wiedereingliederungsmaßnahmen, Umschulungen und zum Teil auch Lebensstiländerungen notwendig, die im Rahmen einer Rehabilitation besprochen und zum Teil auch in die Wege geleitet werden können.
Äußere und innere Kontextfaktoren klären ab, ob ein soziales Netz, Unterstützung durch Angehörige vorhanden ist und ob seitens des Patienten eine Therapiemotivation und realistische Therapieziele evaluierbar sind. Ohne die geeignete Motivation und dem Setzen entsprechender Ziele ist auch eine sinnvolle Rehabilitation nicht möglich. Das Ziel ist größtmögliche Selbstständigkeit trotz einer Behinderung zu erlangen.
Der Patient wird aktiv und eigenverantwortlich in seine Behandlung mit einbezogen. Ärzte sind Teammitglieder, Berater und Begleiter. Therapeuten werden als gleichgeordnete Lotsen gesehen, die den Patienten gemeinsam im gesamten Team durch die Rehabilitation führen mit dem Ziel, einen optimalen Zustand herzustellen und ein zufriedenes Leben mit Folgeschäden zu ermöglichen.

Rehabilitative Möglichkeiten

Heilgymnastik: Das Spektrum der Heilgymnastik umfasst Behandlung in der Einzeltherapie, in der Gruppe, Gymnastik im Wasser, Atemgymnastik, medizinische Trainingstherapie und unterstützende Maßnahmen wie traditionelle chinesische Medizin mit Akupunktur und Bewegungsmuster wie Qigong. Durch ein intensives Trainingsmuster soll ein optimales Gleichgewicht zwischen Agonisten und Antagonisten hergestellt werden. Durch Verbesserung der Muskelfunktionskraft wird auch die Koordination und die Ausdauer verbessert, wobei hier mit dem Patienten gemeinsam ein Programm erarbeitet wird, das auch dann zu Hause regelmäßig durchgeführt werden muss.

Ergotherapie ist eine funktionsorientierte Bewegungstherapie mit dem Ziel der Erlangung einer größtmöglichen Selbstständigkeit im täglichen Leben. Dabei werden die Notwendigkeit von ergotherapeutischen Hilfsmitteln abgeklärt sowie speziell durch Schulungsprogramme in der Rückenschule und Gelenkschutz ein schonendes Verhalten gelehrt. Durch Selbsthilfetraining (Verbesserung der ADLFunktionen [ADL = Activity of Daily Living] wie An- und Ausziehen, Essen, Trinken, Hygiene etc.), Funktionstraining, Gelenkschutzberatung und Hilfsmittelabklärung sowie Arbeitstherapie wird die Rehabilitation zusätzlich intensiviert und erweitert.

Bewegung und Sport: Regelmäßige körperliche Aktivität hilft, die Beweglichkeit der Wirbelsäule und der Gelenke zu erhalten und zu verbessern. Ferner sollen Kraft, Koordination, Gleichgewicht und Ausdauer gesteigert und das Lebensgefühl dadurch insgesamt verbessert werden. Durch regelmäßige Heilgymnastik, Training und Sport wirkt sich die körperliche Aktivität auf die Schmerzwahrnehmung deutlich aus, und der Bedarf an Schmerzmitteln ist unter Umständen verringert. Psychisch kommt es zu einer Steigerung des Selbstwertgefühls und der Stresstoleranz, was sich insgesamt auf die Lebensqualität auswirkt, da sich diese Patienten mobiler, autonomer und weniger pflegebedürftig fühlen und präsentieren. Die Bewegungstherapie führt zu einer Verbesserung von muskulärer Dysbalance, der Kraft, der Koordination und der Ausdauer.

Krafttrainings- und Ausdauertherapie: Im Rahmen der Krafttrainings- und Kraftausdauertrainingstherapie soll die Leistungsfähigkeit der Muskulatur erhöht werden, wobei Hauptaugenmerk auf eine gezielte Schonung und Entlastung akut betroffener Abschnitte gelegt wird. Bevorzugte Sportarten sind Nordic Walking auf weichen Böden, Ergometertraining mit aufrechtem Oberkörper, Rückenschwimmen und Skilanglauf. Von ruckartigen und plötzlich aktivitätsanfordernden Sportarten wie Squash, Tennis, Mountainbiking, Krafttraining mit vertikaler Gewichtsbelastung, Volleyball, Handball und Fußball ist eher abzuraten.

Unterstützende physikalische Maßnahmen

Weiters kommen noch manualtherapeutische Maßnahmen, funktionelle Verbände, Ultraschallbehandlung, Elektrotherapie mit nieder-, hoch- und mittelfrequenten Stromarten, Wärme- und Kälteanwendungen, Bäder und Massagen zur Anwendung.

Literatur beim Verfasser