Wer braucht medizinische Register?

Datenschutz und der Umgang mit Daten, insbesondere auch mit Gesundheitsdaten, ist seit einiger Zeit Gegenstand eines großen medialen Interesses in Österreich. Am 25. 5. 2018 trat die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) (EU) 2016/679 in Kraft (European Union’s General Data Protection Regulation [GDPR]; https://eur-lex.europa.eu/l­egal-content/EN/ALL/?uri=CELEX:32016R0679). Wesentliche Aspekte der DSGVO sind die Stärkung der Rechte der Betroffenen durch mehr Transparenz, z. B. durch ausdrückliche Einwilligung zur Nutzung der Daten, die Möglichkeit zur Löschung von Daten auf eigenen Wunsch, ein höheres Maß an Sicherheitsvorkehrungen im Umgang mit Daten, die Bestellung von Datenschutzbeauftragten innerhalb von Institutionen und einen erhöhten Strafrahmen bei Verletzung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen.

Gesundheitsdaten gelten dabei als besonders sensible Daten. Trotzdem sind die Dokumentation und das Sammeln von Daten wichtige Bestandteile der Tätigkeit von GesundheitsdienstanbieterInnen. Daten zu sogenannten „Outcomes“ (Ergebnisse medizinischer Leistungen) sind außerdem notwendig, um Planungen in Gesundheitssystemen vornehmen zu können und Ergebnisse von medizinischen Maßnahmen systematisch zu messen. Dies beinhaltet unter anderem die Perspektive von PatientInnen, die ein wichtiger Aspekt für eine sinnvolle und effiziente Gesundheitsversorgung ist. Outcomes von medizinischen Maßnahmen sind außerdem Gegenstand zahlreicher Forschungsprojekte. Das Institut für Outcomes Research am Zentrum für Medizinische Statistik, Informatik und intelligente Systeme (https://cemsiis.meduniwien.ac.at/or/) beschäftigt sich mit Outcomes und den zugehörigen Erhebungsinstrumenten, optimiert deren Mess-Skalen und passt diese an verschiedene Kontexte an. Outcomes sind klinische Befunderhebungen im Krankheitsverlauf sowie Ergebnisse von Behandlungsmaßnahmen, aber auch Resultate der Lebensqualität und Funktionsfähigkeit, die den PatientInnen oft am meisten bedeuten.1

Medizinische Register: Bei Menschen nach akuten Geschehnissen oder bei chronischen Erkrankungen, etwa des Herz- und Gefäßsystems, anderer innerer Organe oder des Bewegungsapparates, und in der Rehabilitation ist es wichtig, zu wissen, wie die PatientInnen aus ihrer Sicht im Alltag zurechtkommen, wie diese ihre Lebensqualität einschätzen und ob sie zum Beispiel durch eine bestimmte Intervention weniger Schmerzen, weniger belastungsabhängige Atemnot oder weniger Müdigkeit empfinden. Um genau diese Perspektiven der PatientInnen in optimaler Weise erheben, analysieren und vergleichen zu können, werden unterschiedliche Methoden angewandt. Dazu entwickeln wir am Institut für Outcomes Research neue Instrumente und komplexe Indizes, optimieren Datenerhebungen und setzen innovative technische Produkte, Sensoren und E-Health-Lösungen ein.
Im Bereich der Outcome-Forschung sind medizinische Register und populationsbasierte Datensets wichtige Datenquellen. Unter einem medizinischen Register versteht man eine systematische, meist zeitlich unbegrenzte Sammlung von ausgewählten Daten innerhalb eines bestimmten Personenkollektivs, z. B. Menschen mit einer bestimmten chronischen Erkrankung. Häufigkeit und Verbreitung von Krankheiten und deren Verläufe sowie Risikofaktoren können so analysiert werden. Medizinische Register können, müssen aber nicht gesetzlich verordnet sein. In diesem werden alle PatientInnen eines bestimmten Kollektivs erfasst. Im Vergleich zu anderen Ländern gibt es in Österreich zurzeit weniger Register. Als Alternative werden manchmal populationsbasierte, pseudonymisierte Datensets verwendet. Ein Beispiel dafür sind Daten der Sozialversicherungsträger, die nach dem Einholen aller notwendigen Genehmigungen abgefragt und analysiert werden können.2–4 Diese Datensets enthalten allerdings nur Verrechnungsdaten, z. B. das Datum und die Anzahl an verordneten Medikamenten, sowie Entlassungsdiagnosen aus Spitälern, aber keine Informationen über weitere klinische Parameter.

Zusammenfassend gilt, dass gesetzliche Vorschriften im Umgang mit Daten immer berücksichtigt werden müssen. Die DSGVO führt zu einer hohen Sensibilisierung im Umgang mit persönlichen Daten. Aufgrund der gesetzlichen Regelungen ist die Anzahl der Register in Österreich gering. Daher werden zurzeit populationsbasierte Datensets mit Verrechnungsdaten der Sozialversicherungsträger genutzt, um eine sinnvolle und effiziente Gesundheitsversorgung zu unterstützen.

 

 

1 Dur M et al., Health Qual Life Outcomes 2015; 13:27
2 Nell-Duxneuner V et al., Int J Clin Pharmacol Ther 2012; 50(12):867–72
3 Stamm TA et al., Wien Klin Wochenschr 2018; 130(7–8):230–7
4 Salhofer-Polany S et al., Neuroepidemiology 2017; 49(1–2):40–4