Der Rechnungshof empfiehlt eine Entmachtung der Landesärztekammern. Sie seien schuld daran, dass es keine Leistungsharmonisierung gibt. Das Ministerium räumt allerdings ganz andere Gründe ein.
Um einen österreichweiten Gesamtvertrag für Ärzte mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) zu ermöglichen, empfiehlt der Rechnungshof (RH), die Landesärztekammern zu entmachten. Diese sollen den einheitlichen Regelungen nicht mehr zustimmen müssen, berichteten „Profil“ und Ö1-„Mittagsjournal“, denen ein Rohbericht vorliegt. Dem Gesundheitsministerium empfiehlt der RH, eine dementsprechende Regierungsvorlage auszuarbeiten.
Durch eine Zusammenlegung der Gebietskrankenkassen war 2020 die ÖGK entstanden. Dennoch gibt es weiterhin unterschiedliche Verträge für Ärzt:innen je nach Bundesland, was dazu führt, dass manche Leistungen wie etwa die Muttermalkontrolle in einigen Ländern kostenpflichtig sind, in anderen aber nicht. Auch zahlt die ÖGK den Kassenärzt:innen je nach Bundesland teils unterschiedliche Honorare für gleiche Leistungen. Das sei laut RH „nicht plausibel“. Dem Gesamtvertrag müssen aktuell nicht nur die Österreichische Ärztekammer, sondern auch jene in den Ländern zustimmen; laut den Prüfern wird die Reform dadurch erschwert.
Der Vorwurf, dass die neun Landesärztekammern, einen ÖGK-Gesamtvertrag verhindern würden, sei absolut unzutreffend, da bereits 2020 ein umfassender einheitlicher Leistungskatalog erarbeitet wurde, betont umgekehrt die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK). „Wir haben der Österreichischen Gesundheitskasse bereits in deren Gründungsjahr 2020 diesen umfassenden, modernen Leistungskatalog vorgelegt. Dieser wurde von über 200 Ärztinnen und Ärzten aus allen Landesärztekammern und Fachrichtungen entwickelt und beinhaltet alle zeitgemäßen medizinischen Leistungen, die in Ordinationen erbracht werden können. Seither ist allerdings seitens der ÖGK damit nichts passiert“, kommentiert ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart. „Die Vorwürfe im Rechnungshofbericht sind daher nicht nachvollziehbar.“ Den Landesärztekammern vorzuwerfen, nicht an einem Strang zu ziehen, sei daher völlig unverständlich, so Steinhart: „Unser einheitlicher Leistungskatalog wurde einstimmig beschlossen. Hingegen blockiert die ÖGK unsere Landesärztekammern seit Monaten in ihrem Bestreben, die Kassenverträge weiterzuentwickeln. Aufgrund ihrer internen Probleme ist die ÖGK wohl so mit sich selbst beschäftigt, dass sie ihren eigentlichen Aufgaben nicht nachkommen kann.“
Gesundheitsministerin Korinna Schumann (SPÖ) räumt in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen andere Gründe ein: man verhandelt nicht, weil man schlicht zu hohe Kosten „erwartet“: „Bislang ist ein bundesweiter Ärztegesamtvertrag nicht zustande gekommen. Die Schwierigkeiten liegen einerseits darin, die historisch gewachsenen unterschiedlichen Modelle zu einem einheitlichen Leistungskatalog zusammenzuführen und andererseits darin, dazu auch einen korrespondierenden Honorarkatalog zu erstellen, da eine Einigung mit der ärztlichen Standesvertretung wohl nur am ober(st)en Niveau der derzeitigen Tarifhöhen zu erwarten ist.“ (rüm)