Ein Meilenstein wird 50 Jahre alt: Im August 1975 wurde in Nature eine Studie veröffentlicht, welche die moderne Medizin revolutionieren sollte. In dem Paper der Biochemiker Georges Köhler und César Milstein wurde erstmals eine Methode zur Herstellung von Kopien von Antikörpern, monoklonale Antikörper genannt, beschrieben. Für diese bahnbrechende Entdeckung erhielten sie im Jahr 1984 gemeinsam mit dem Immunologen Niels Jerne den Nobelpreis für Medizin. Monoklonale Antikörper können zur Erkennung jedes beliebigen Ziels programmiert und in riesigen Mengen produziert werden. Sie werden heute zur Diagnose und Therapie von einer Vielzahl an Krankheiten wie Autoimmunerkrankungen, Allergien und Krebs eingesetzt. Bis dato haben mindestens 212 Antikörpermedikamente vielen Millionen Menschen geholfen.
Die Entdeckung der monoklonalen Antikörper durch Köhler und Milstein war das Ergebnis weltweiter Anstrengungen, Antikörper in Ursprung, Struktur und Funktion zu verstehen. Damals geschah dies ohne die komplexe Organisation und Finanzierung heutiger Forschungsverbünde. Aufbauend auf der Theorie somatischer Mutationen gelang es den Forschern, durch die Fusion von B-Zellen immunisierter Mäuse mit Myelomzellen sogenannte Hybridome zu erzeugen, die eine unbegrenzte Produktion spezifischer Antikörper ermöglichten. Indem Milsteins Labor diese Zelllinien weltweit und oft kostenlos zur Verfügung stellte, konnte die Methode rasch verbreitet werden, und sie legte den Grundstein für eine heute milliardenschwere Biotech-Industrie: Der Weltmarkt für monoklonale Antikörper, der im Jahr 2024 geschätzt rund 250 Milliarden US-Dollar wert war, wird sich den Prognosen zufolge innerhalb von fünf Jahren verdoppeln.
In der Anfangsphase stand nicht die Patentierung, sondern die Lösung grundlegender wissenschaftlicher Fragen im Vordergrund. Die Entwicklung monoklonaler Antikörper veränderte die Medizin nachhaltig und stellt bis heute ein Beispiel für den Erfolg von wissenschaftlicher Kreativität, internationalem Austausch und offener Zusammenarbeit dar. Diese Geschichte verdeutlicht, dass Innovationen nicht aus Bürokratie und strengen Vorgaben, sondern aus Offenheit, Kooperation und der Bereitschaft zum Wissensaustausch erwachsen.