Eine Eosinophilie ist oft harmlos – doch sie kann auch auf eine schwerwiegende Systemerkrankung hinweisen. Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA) ist eine seltene, potenziell lebensbedrohliche Vaskulitis. Wann man im hausärztlichen Alltag hellhörig werden sollte.
Die eosinophile Granulomatose mit Polyangiitis (EGPA, früher Churg-Strauss-Syndrom) ist eine seltene Autoimmunerkrankung, bei der kleine bis mittelgroße Gefäße entzündet sind. Meistens entwickelt sie sich auf dem Boden eines allergischen Asthmas, in Kombination mit einer Eosinophilie – und kann bei verzögerter Diagnostik lebensbedrohlich verlaufen. Für Hausärzt:innen ist die frühe Erkennung entscheidend.
Leitsymptom: persistierende Eosinophilie
Die EGPA geht nahezu immer mit einer Eosinophilie > 1.000/μl einher. Meist bestehen seit Jahren ein allergisches Asthma bronchiale oder eine chronischeRhinosinusitis. Besonders verdächtig ist eine Kombination dieser Symptome mit:
- generalisierten Beschwerden (z. B. Fieber, Gewichtsverlust)
- neu aufgetretenen neurologischen Ausfällen (z. B. Mononeuritis multiplex)
- Hautveränderungen (z. B. palpable Purpura)
- untypischerHerzsymptomatik (z. B. Perikarderguss, Herzinsuffizienz).
Auch eine eosinophile Pneumonie (Milchglastrübungen im CT) oder Gastroenteritis können Manifestationen der Erkrankung sein.
Diagnostik: Der Schlüssel liegt im Muster
Da es keinen spezifischen Einzeltest für EGPA gibt, erfolgt die Diagnose anhand der klinischen Präsentation, Laborwerte und Biopsie. Wichtige Hinweise:
- Blutbild: Eosinophilie, ggf. Anämie, erhöhte IgE, Hypergammaglobulinämie
- ANCA (meist p-ANCA/MPO): bei ca. 40–60 % positiv
- Bildgebung Thorax: Milchglasverschattungen, Knotenbildungen, Kavernen, eosinophilenreiche Pleuraergüsse
- EKG, Echo, ggf. Herz-MRT: eosinophile Entzündung kann sämtliche Teile des Herzens betreffen (Perikarderguss, Klappeninsuffizienz, Herzinsuffizienz etc.)
- Urinstatus, Kreatinin: Hämaturie, Proteinurie, Kreatininerhöhung
- Biopsie: z. B. Haut oder Nerv vor Therapiebeginn (wenn möglich)
Individuelle Therapie nach Schweregrad
Die Behandlung wird in Induktions- und Erhaltungstherapie unterteilt. Zur Einschätzung des individuellen Risikos und der Prognose hat sich der Five Factor Score bewährt (Tab.).
- bei organ- oder lebensbedrohlicher Erkrankung: hochdosierte Glukokortikoide (z. B. Prednisolon 1 mg/kg KG oder i.v. Methylprednisolon) kombiniert mit Cyclophosphamid oder Rituximab
- bei nichtbedrohlichem Verlauf: Kombination aus Glukokortikoiden mit Mepolizumab (Anti-IL-5-Antikörper), Methotrexat, Azathioprin oder Mycophenolat-Mofetil
- Erhaltungstherapie: nach Erreichen der Remission niedrig dosierte Glukokortikoide und ein Immunmodulator (Methotrexat, Azathioprin, Mycophenolat-Mofetil oder Mepolizumab). Die Glukokortikoiddosis sollte schrittweise reduziert (nach 3 Monaten <10 mg Prednisolon/Tag) und möglichst innerhalb eines Jahres ganz ausgeschlichen werden.
- Langzeitmanagement: Eine langfristige Kontrolle dieser Patient:innen inklusive Monitoring der Eosinophilenzahlen ist wichtig, da es nicht selten zu Rückfällen kommt, die eine neuerliche Intensivierung der Therapie notwendig machen.
- Wichtig: Infektionsprophylaxe (z. B. Pneumokokken-, Influenza-, COVID-19-Impfung) sowie Pneumocystis-Prophylaxe bei intensiver Immunsuppression

Tab.: Five-Factor Score (FFS) bei EGPA
Drastisch verbesserte Prognose
Mit den heute zur Verfügung stehenden Medikamenten hat sich die Prognose der EGPA dramatisch verbessert. Die ehemals 50%ige Mortalität innerhalb von 3 Monaten hat sich zu einer 70–90%igen 5-Jahres-Überlebensrate entwickelt. Nach wie vor kommt es jedoch leider zu Todesfällen aufgrund von Herzversagen, Hirnblutung, Nierenversagen, gastrointestinalen Blutungen sowie unbeherrschbarem Status asthmaticus.