311 Kassenstellen unbesetzt – das sind die Gründe

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Eine aktuelle Umfrage der Ärztekammer zeigt: Gemeindevertreter:innen sehen Probleme bei der wohnortnahen Versorgung und kritisieren Rahmenbedingungen für Ärzt:innen.

Anfang Juli gab es in Österreich 311 unbesetzte Kassenstellen, 175 davon in der Allgemeinmedizin: „Damit wird der niederschwellige und wohnortnahe Zugang zur medizinischen Versorgung immer schwerer“, hielt Edgar Wutscher, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der niedergelassenen Ärzte, am Wochenende im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien fest. „Das Problem der zunehmend schwierigeren Besetzung von Kassenstellen ist allen schmerzlich bewusst.“ Eine aktuelle Umfrage des Kommunalverlages unter Gemeindevertreter:innen belege die Problematik: Fast 70 Prozent der Gemeindevertreter:innen stimmen zu, dass sich die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für Kassenärzt:innen positiv auf die Zukunft ihrer Gemeinde auswirken würde.

56 Prozent der 789 Teilnehmer:innen meinen, dass Erleichterungen bei Gründung und Bewahrung von ärztlichen Hausapotheken eine positive Auswirkung auf die Zukunft ihrer Gemeinden haben würde. Bei der Möglichkeit für Ärzt:innen, in ihrer Praxis Medikamente abzugeben, stimmen 58 Prozent zu. „Das zeigt klar, dass die Patientenversorgung am Land essentiell dafür ist, ob eine Region überlebt“, sagte Wutscher: „Wenn es keinen Arzt im Ort gibt, wird es schwierig sowohl mit dem Zuzug, als auch damit, die Bevölkerung im Ort zu halten.“ Daher fordert die Bundeskurie niedergelassene Ärzt:innen neben flexibleren Kassenverträgen auch den Schutz der ärztlichen Hausapotheken und Recht auf Medikamentenabgabe für alle niedergelassenen Ärzt:innen.

Größtes Hindernis sei das veraltete Apothekengesetz: Dort heißt es, dass im Umkreis von vier Straßenkilometern einer öffentlichen Apotheke keine ärztliche Hausapotheke bewilligt werden darf, im Umkreis zwischen vier und sechs Kilometern nur in Form einer Nachfolgepraxis. Bis 1998 gab es österreichweit knapp 1.000 öffentliche Apotheken und 1.100 ärztliche Hausapotheken. Nach etlichen Gesetzesnovellen und höchstgerichtlichen Entscheidungen hat sich die Zahl der ärztlichen Hausapotheken auf aktuell rund 800 verringert, während die Zahl der öffentlichen Apotheken auf gut 1450 gestiegen ist.

Carmen Berti-Zambanini, Obfrau des Schutzverbandes hausapothekenführender Ärzte, forderte außerdem mehr Rücksichtnahme auf die älter werdende Bevölkerung: „Immer mehr Menschen sind darauf angewiesen, dass ihnen Verwandte oder Freunde die benötigten Medikamente aus der Apotheke mitbringen. Die anderen, die noch für genug für den Weg zur Apotheke sind, zwingen wir nachts in Autos oder Postbusse, damit sie die Therapie bekommen, die sie benötigen“, kritisierte sie. Ein weiteres Beispiel: „Geht ein Arzt, der in seiner Ordination eine Hausapotheke führt, auf Urlaub, darf der Arzt, der ihn in dieser Zeit in der Praxis vertritt, keine Medikamente aus der Hausapotheke abgeben. Auch das ist eine völlig aus der Zeit gefallene Regelung.“ (red)