Mit dem Projekt Smart FOX („Smart and Federated Open data eXchange of Citizen-based Data Donations for Clinical Research“) entsteht in Österreich eine richtungsweisende Infrastruktur, die es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht, ihre Gesundheitsdaten aktiv und selbstbestimmt für die medizinische Forschung zu spenden.
Während im österreichischen Gesundheitssystem bereits seit Jahren enorme Datenmengen vorliegen – etwa über die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA), die seit elf Jahren mit Gesundheitsinformationen wie Laborbefunden, Entlassungsbriefen oder e-Medikationsdaten gefüllt wird – bleiben diese wertvollen Informationen bislang weitgehend ungenutzt. Datenschutzrechtliche Hürden und fehlende Rahmenbedingungen verhindern oft ihre sinnvolle Nutzung für Forschung und Versorgung. Genau hier setzt Smart FOX an: Das Projekt schafft mit dem Austrian Health Data Donation Space erstmals einen vertrauenswürdigen Rahmen, in dem Bürgerinnen und Bürger ihre Daten freiwillig, sicher und zweckgebunden spenden können. Dadurch wird ein bislang ruhendes Potenzial gehoben und ein wichtiger Beitrag zu einer datenbasierten, patientenzentrierten Gesundheitsforschung geleistet.
FOX BOXen – Gesundheitsdaten spenden
Ein zentrales Element des Projekts sind die sogenannten FOX BOXen. So wie NGOs mit Sammelboxen Spenden für Hilfsprojekte sammeln, ermöglichen FOX BOXen die freiwillige und sichere Gesundheitsdatenspende für die medizinische Forschung. Über diese FOX BOXen können künftig auch Daten aus der ELGA sowie weitere gesundheitsbezogene Informationen eingebracht und – unter Wahrung der Privatsphäre – mit anderen Quellen kombiniert werden. Dadurch wird es z.B. möglich, Daten aus unterschiedlichen Versorgungsbereichen zielgerichtet für Forschungszwecke nutzbar zu machen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.
Real-World Use Cases
Die Praxistauglichkeit wird bereits in mehreren Real-World Use Cases erprobt. Im Bereich der Versorgung von Herzschwäche-Patienten in Tirol (HerzMobil) werden Daten aus dem Krankenhausbereich (Tirol Kliniken) mit Daten aus dem niedergelassenen Bereich (ITSV) verknüpft. Dank Privacy-Preserving Record Linkage (PPRL) über EUPID (European Patient Identity) – ein pseudonymisiertes Patientenidentifikationssystem – wurden gleiche Datensätze ermittelt, die sowohl bei ITSV als auch in Tirol vorkommen, ohne die Privatsphäre der Patient:innen zu gefährden. Ein weiterer Use Case ist die Verknüpfung von elektronischen Patientenakten aus ELGA mit vorhandenen Daten zur Diagnose von Dickdarmkrebs aus Biobanken. Für beide Anwendungsfälle liegt ein positives Ethikvotum durch die Ethikkommission vor und derzeit werden Studienteilnehmer:innen rekrutiert.
Gerichtete und ungerichtete Datenspende
Smart FOX unterscheidet zwischen ungerichteter und gerichteter Datenspende. Bei einer ungerichteten Datenspende stellen Bürger:innen oder Patient:innen ihre Gesundheitsdaten für noch nicht konkret definierte Forschungszwecke zur Verfügung, ähnlich wie bei einer Biobank Proben für eine spätere Analyse gesammelt werden. Eine Analyse der Daten erfolgt aber in jedem Fall erst nach einer Freigabe durch eine Ethikkommission. Wer Daten spendet, signalisiert damit grundsätzlich die Bereitschaft, an künftigen, thematisch passenden Forschungsinitiativen teilzunehmen. Die zukünftige Nutzung erfolgt dabei ausschließlich unter von den Bürger:innen vorgegebenen Bedingungen, etwa hinsichtlich Nutzungszeitraum oder Verwendungsart.
Eine gerichtete Datenspende hingegen findet in einem bereits bestehenden Forschungskontext statt – zum Beispiel im Rahmen einer klinischen Studie oder eines klinischen Registers, wo die Datennutzung rechtlich und ethisch abgeklärt ist. Hier haben die Forschenden mit Smart FOX eine neue Möglichkeit rechtlich abgesichert und strukturiert zu den bisher nicht zugänglichen ELGA Daten zu kommen.
Interdisziplinäres Konsortium
Smart FOX wird von einem Konsortium aus 19 Partnern getragen, das Forschungseinrichtungen, Universitäten, Industrieunternehmen, Kliniken, Patientenselbstvertretungen und Biobanken umfasst. Diese interdisziplinäre Zusammensetzung stellt sicher, dass medizinische, technische, ethische und gesellschaftliche Aspekte von Beginn an gleichermaßen berücksichtigt werden.
„Unser Ziel ist es, die Bereitschaft der Bürgerinnen und Bürger zur Datenspende mit einer sicheren, transparenten und technisch exzellenten Infrastruktur zu verbinden. Nur durch die Zusammenarbeit von Forschung, Industrie und Gesellschaft können wir das volle Potenzial der Gesundheitsdaten für eine bessere Medizin heben“, erklärt Projektleiter DI Dr. Klaus Donsa, BSc vom AIT Austrian Institute of Technology.
Beitrag zum European Health Data Space
Mit seiner föderierten Architektur versteht sich Smart FOX auch als Vorläufer und Impulsgeber für den entstehenden European Health Data Space (EHDS). Während die europäische Initiative auf ein opt-out-Modell setzt, etabliert Smart FOX in Österreich erstmals ein opt-in-Modell der Datenspende. Damit wird Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit gegeben, aktiv und transparent über die Nutzung ihrer Gesundheitsdaten zu entscheiden.
„In der Verordnung zum Europäischen Gesundheitsdatenraum, die am 26. März 2025 in Kraft getreten ist, betonen das Europäische Parlament und der Rat der EU die wichtige Rolle von anonymisierten und pseudonymisierten Gesundheitsdaten als Basis für eine nachhaltige Gesundheitsversorgung in der Zukunft,“ sagt Mag.a Michaela Topolnik, MA, Public Affairs & Stakeholder Relations Lead bei EIT Health Austria, einem wichtigen europäischen Netzwerk für Gesundheitsinnovationen. „Mit Smart Fox hat Österreich eine innovative Lösung zur Hand, die die Sekundärnutzung sicher und im Sinne der betreffenden Patient:innen gewährleisten kann.“