Tabuisiert, häufig und mit unterschätztem Leidensdruck

Die Lubrikation der Scheide hat eine wichtige schützende Funktion für die Intimgesundheit. Die Produktion von Transsudat aus Kapillaren des Bindegewebes der Mukosa als Bestandteil des Scheidensekrets steht unter hormonellem Einfluss der ovariellen Hormone. An der Befeuchtung der Scheide sind auch die Drüsen des Gebärmutterhalses beteiligt. Auch während sexueller Erregung wird vermehrt Scheidensekret gebildet, das beim Geschlechtsverkehr als natürliches Gleitmittel dient.
Statistisch gesehen hat jede 5. Frau mit Scheidentrockenheit zu kämpfen, ab dem 45. Lebensjahr sogar jede 2. Frau.1 Sie ist zwar ein häufiges Leiden bei Frauen jeden Alters und kann auch als Begleitsymptom einer Reihe von Krankheiten auftreten sowie durch Stress und äußere Faktoren wie übertriebene Intimhygiene getriggert werden, der mit der Menopause einhergehende Östrogenmangel ist jedoch der häufigste Hintergrund.

Hauptursache menopausaler Östrogenmangel

Leitsymptom des urogenitalen Menopausesyndroms

Während der Wechseljahre und postmenopausal kommt es durch einen anhaltenden Östrogenmangel zu atrophischen Veränderungen im Genitalbereich, die Haut wird dünner, trockener und verliert ihre Elastizität. Diese Vorgänge finden auch im Bereich der Vulva, also am Scheidenausgang, der Schamlippen und der Harnwege statt. Zudem bilden sich die Vulva und die Schamlippen zurück, auch der Scheideneingang wird schmaler und kleiner. Sind zu Beginn ihrer Wechseljahre etwa 40 % der Frauen von Beschwerden wie zunehmender Schleimhauttrockenheit, erhöhtem Harndrang, Inkontinenz, Harnwegsinfekten und sexueller Dysfunktion betroffen, werden es mit zunehmendem Lebensalter bis zu 90 %.

Die Bezeichnung „urogenitales Menopausensyndrom“ (GSM) fasst die Beschwerden der vulvovaginalen Atrophie (wie Scheidentrockenheit, Brennen und Irritationen, trockene Scheide) und urogenitalen Atrophie (wie überaktive Blase, Dysurie und rezidivierende Harnwegsinfekte) unter einem Syndrom zusammen.2 Das GSM betrifft über 50 % der postmenopausalen Frauen3, nach einer Beobachtungsstudie4 klagen 100 % der Betroffenen über Scheidentrockenheit.

Trockenheit der Scheide als Leitsymptom des GSM führt oft zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie).5 In einer Umfrage gaben ca. 17 % der Frauen im Alter von 40 bis 80 Jahren Lubrikationsprobleme an, rund 10% klagten über schmerzhaften Geschlechtsverkehr.6

Hypoöstrogene Zustände abseits der Menopause

Aber auch abseits der peri- und postmenopausalen hormonellen Veränderungen kann es zu hypoöstrogenen Zuständen kommen. Chronische Erkrankungen wie Diabetes, Hypertonie oder bestimmte Autoimmunerkrankungen sind mit Mangel an Laktobazillen und einem stark reduzierten Angebot von Glykogen assoziiert, womit keine ausreichende Lubrikation der Scheide gegeben ist. Zu iatrogenen Ursachen zählen etwa die Einnahme niedrig dosierter Ovulationshemmer wie kombinierter Östrogen-Gestagen-Präparate, unter deren Einnahme aufgrund der Unterdrückung der endogenen Östrogenproduktion lokale Hormonmangelerscheinungen im Urogenitalbereich auftreten können.7

Naturgemäß ist Scheidentrockenheit auch eine häufige Nebenwirkung einer adjuvante Antihormontherapie bei Krebspatientinnen. Auch durch Strahlentherapie bei genitalen Tumoren induzierte vaskuläre und hormonelle Veränderungen (durch Gonadotoxizität verursachte Menopause) führen zur Atrophie des vaginalen Epithels mit verringerter Lubrikation trotz sexueller Erregung etc.8

Reichhaltige Palette an Therapieoptionen

Lokale Östrogentherapie

Die am Östrogendefizit ansetzende lokale Behandlung der vaginalen Atrophie stellt eine risikoarme Option dar. Lokal wirkende gering dosierte Hormontherapien mit DHEA, Östradiol oder Östriol als Zäpfchen, Creme oder Vaginalring verbessern die Beschwerden. Die positive Wirkung der vaginalen Applikation von Östriol etwa belegt eine große Anzahl klinischer Studien mit übereinstimmenden Ergebnissen9 Nach der aktuell gültigen S3-Leitlinie zur Peri- und Postmenopause sollten Östriol-haltige Präparate bevorzugt werden, wenn Östrogene vaginal angewendet werden.10 Frauen mit lokaler ET wegen Beschwerden durch urogenitale Atrophie soll von den behandelnden Ärzt:innen erklärt werden10,

  • dass bei ausbleibender Besserung eine Dosisanhebung erwogen werden kann
  • dass eine niedrig dosierte systemische Hormonersatztherapie (HRT), die überdies bei einer Anzahl von Erkrankungen kontraindiziert ist, nicht immer einen ausreichenden Effekt auf das Vaginalepithel hat und ggf. eine zusätzliche Lokaltherapie notwendig sein kann
  • dass die Symptome häufig wiederkehren, wenn die Behandlung beendet wird
  • dass Nebenwirkungen einer lokalen Östriolbehandlung sehr selten sind
  • dass sie sich bei ihren Frauenärzt:innen vorstellen sollen, wenn vaginale Blutungen auftreten.

Oral und vaginal verabreichbare Probiotika

Eine Grundvoraussetzung für die Scheidengesundheit ist der Erhalt und Förderung der Laktobazillen-Population. Wenn etwa bei bakterieller Vaginose, einer der häufigsten mikrobiellen Störungen des Vaginalmilieus, eine indizierte Antibiotikatherapie die Laktobazillen zusätzlich beeinträchtigt, ist es umso wichtiger, durch Zufuhr ausgewählter probiotische Laktobazillenstämme gegenzusteuern. Als Alternative zur topischen Hormontherapie eignen sich sowohl oral als auch vaginal verabreichbare Probiotika. Die vaginale Applikation von Laktobazillen in Kombination mit wasserbindender Hyaluronsäure etwa ist geeignet, den Feuchtigkeitshaushalt der Scheide wiederherzustellen und den pH-Wert der Scheidenflora in den sauren Bereich zu senken, woraus ein Infektionsschutz resultiert.11

Gleitmittel

Die S3-Leitlinie empfiehlt, bei symptomatischer urogenitaler Atrophie die Anwendung von Befeuchtungs-, Gleitmitteln allein oder zusammen mit einer vaginalen ET anzubieten.10 Die Therapie kann nach diesen Empfehlungen so lange wie erforderlich angewendet werden.10 Mit Gleitcremes oder Gleitgels allein kann die Scheidentrockenheit zwar kurzfristig ausgeglichen und die Gleitfähigkeit verbessert werden, tatsächlich wird die Ursache der Beschwerden allerdings nicht behoben, da weder die Durchblutung noch regenerative Prozesse unterstützt werden.
Zu beachten ist bei Anwendung solcher Präparate, dass sowohl ein unphysiologischer pH-Wert und eine unphysiologische Osmolalität als auch bestimmte Hilfsstoffe nachteilige Effekte auf das natürliche Scheidenmilieu haben können.