Von der Schulzeit bis zur Menopause: Ein Streifzug durch Ernährungsempfehlungen

Frauen essen und trinken anders als Männer – zumindest sollten sie es. Das Konzept der Gender-Ernährung ist mittlerweile wissenschaftlich anerkannt und streicht die ernährungsphysiologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern heraus. Aufgrund einer im Schnitt geringeren Muskel- und einer größeren Körperfettmasse verbraucht die Frau pro Stunde 55,8 kcal, der Mann jedoch 72,5 kcal. Männer dürfen also bei gleichem Körpergewicht mehr essen als Frauen, die im Gegenzug auf eine höhere Nährstoffdichte achten müssen.1 Dies ist nur eines von vielen Beispielen, in denen die Ernährung der Frau spezifischer Beratungstipps bedarf. Die Individualität der Bedürfnisse reicht vom steigenden Eisenbedarf jugendlicher Mädchen über den erhöhten Nährstoffbedarf während Schwangerschaft und Stillzeit bis hin zu notwendigen Anpassungen in der Menopause.

Im Kindesalter sind genderspezifische Aspekte in der Ernährung noch nachrangig. Unterschiede in den Empfehlungen zur Kalorienzufuhr sind nur gering. Buben sollten im Alter von 7 bis 10 Jahren 1.900 kcal täglich zuführen, Mädchen 1.700 kcal. Unterschiede bei der Mikronährstoffzufuhr existieren nicht oder sind marginal (zum Beispiel 0,9 mg Vitamin B1 pro Tag für Buben und 0,8 mg täglich für Mädchen). Im jugendlichen Alter ergeben sich erste deutliche Abweichungen der Empfehlungen. Die tägliche Eisenzufuhr sollte bei Mädchen 15 mg betragen und somit um 3 mg mehr als bei gleichaltrigen Burschen.2 Da Mädchen bei der Zufuhr von guten Eisenquellen wie Innereien, Fleisch und Wurst oft zurückhaltend sind, weisen sie besonders in der Pubertät nach dem Einsetzen der Regel häufig eine unzureichende Versorgung mit dem Mineralstoff auf. Abhilfe kann die Zufuhr guter pflanzlicher Quellen wie Quinoa, Amaranth, Hirse und Hülsenfrüchten schaffen.

Der Energiebedarf liegt bei regelmäßiger körperlicher Aktivität im Alter von 13 bis 19 bei 2.200 bzw. 2.300 kcal und damit niedriger als bei Burschen (bis zu 3.000 kcal).2 Eine hohe Nährstoffdichte ist hier also bereits erforderlich, um den steigenden Nährstoffbedarf zu decken.

Nährstoffbedarf in Schwangerschaft und Stillzeit

Schwangere Frauen sollten besonders auf die Qualität ihrer Ernährung achten, denn in Relation zum Energiebedarf steigt der Bedarf an einzelnen Vitaminen und Mineralstoffen in der Schwangerschaft deutlich stärker an. Beobachtungsstudien zeigen bei einer Kost mit hoher Zufuhr an Gemüse, Obst, Vollkornprodukten, Nüssen, Hülsenfrüchten und Fisch ein geringeres Risiko für Gestationsdiabetes, verglichen mit einer Ernährung reich an Fett, rotem Fleisch und Eiern.3 Hinsichtlich der Vitaminzufuhr ist vor allem der Bedarf an Folat, Vitamin B1, Vitamin B2, Vitamin B6, Niacin, Vitamin B12 und Vitamin A deutlich erhöht. Der Vitamin-D-Bedarf ist ohne Supplemente kaum zu decken. Als kritische Mineralstoffe werden Eisen, Zink und Jod eingestuft. Viele Schwangere nehmen außerdem zu wenig Kalzium zu sich, sodass eine ergänzende Supplementierung ratsam ist. Falls es zu nächtlichen Wadenkrämpfen kommt, ist eine Supplementierung von Magnesium empfehlenswert. Ebenfalls besonderes Augenmerk gilt der ausreichenden Zufuhr von Eicosapentaensäure und besonders von Docosahexaensäure (DHA).4 Die empfohlene Menge von 200 mg DHA pro Tag kann mit ein bis zwei Portionen fettreichem Fisch wie Lachs oder Hering pro Woche erreicht werden.3 Aufgrund der Belastung mit Arzneimittelrückständen und Umweltkontaminanten ist die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln eine gute Option.

Auch während der Stillzeit ist der Bedarf nach den meisten Vitaminen deutlich erhöht. Neben den B-Vitaminen betrifft dies auch Vitamin A (+88 %), Vitamin E (+42 %) und Vitamin C. Um den Bedarf an Ascorbinsäure zu decken (125 mg täglich), ist eine gezielte Lebensmittelauswahl mit vermehrtem Einbau von Zitrusfrüchten, Obstsäften, Paprika und Sauerkraut notwendig. Das in rohen Kartoffeln reichlich vorhandene Vitamin C geht hingegen bei der Zubereitung weitgehend verloren. Dem steigenden Bedarf an Magnesium kann durch einen hohen Verzehr von Vollkornprodukten und magnesiumreichen Mineralwässern Rechnung getragen werden. Die Zulage an Eisen beträgt 10 mg, der Zinkbedarf steigt auf 11 mg pro Tag. Auch der Jodbedarf ist mit 260 µg täglich erhöht.4

Sonderfall Menopause

Mit den Wechseljahren schwindet der schützende Effekt von Östrogen, das bis dahin den Abbau der Knochen verzögert und den Aufbau gefördert hat. Besonders in den fünf Jahren vor und nach der Menopause ist der Substanzverlust der Knochen groß. Eine vermehrte Zufuhr an Kalzium in Form von Hartkäse, Brokkoli und kalziumreichen Mineralwässern ist daher sinnvoll, um Osteoporose vorzubeugen.5 Ebenfalls wichtig für die langfristige Knochengesundheit ist die Versorgung mit Vitamin D und Magnesium.

Die Ernährung kann auch die Schweißbildung beeinflussen. Um Hot Flushes nicht zu verstärken, sollte daher auf scharf Gewürztes und extrem heiße Speisen und Getränke verzichtet werden. Eine ausreichende Zufuhr von Omega-3-Fettsäuren schützt die Herzgesundheit.5 Um eine Gewichtszunahme (und damit das Risiko für vermehrte Schweißausbrüche) zu verhindern, wird idealerweise bei gesättigten Fettsäuren in Fertigbackwaren und Wurst eingespart. Blutzuckerschwankungen sollten im Sinne des geistigen Wohlbefindens und der Vorbeugung von Hot Flushes vermieden werden, weshalb mehrere kleine Mahlzeiten pro Tag empfohlen sind. Komplexe Kohlenhydrate helfen dabei, den Blutzucker in Balance zu halten, wobei generell der Kohlenhydratanteil gesenkt werden sollte. Nicht sparen brauchen Frauen in der Menopause beim Eiweiß – andernfalls kann es leicht zu einem Verlust an Muskelmasse kommen. Für das geistige Wohlbefinden ist auch eine ausgiebige Zufuhr an B-Vitaminen und Magnesium von Bedeutung.

Literatur:
1 Deutsche Gesellschaft für Ernährung 2008: Gender & Ernährung – männlich, weiblich, anders?
2 D-A-CH-Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr
3 Deutsche Gesellschaft für Ernährung: Einheitliche Handlungsempfehlungen für die Schwangerschaft aktualisiert und erweitert. Auf: https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/bevoelkerungsgruppen/schwangere-stillende/handlungsempfehlungen-zur-ernaehrung-in-der-schwangerschaft/
4 Hahn A, Ströhle A, Wolters M, Ernährung, 3. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2016
5 Groeneveld M, Wechseljahre: Zeit für bewusste Ernährung. UGBforum 2015