Problemstellungen
Vorschläge/mögliche Ansatzpunkte aus Sicht der hausärztlichen Primärversorgung
Die hausärztliche Primärversorgung ist systemrelevant und dementsprechend in Planung und Organisation einzubeziehen:
Funktion
Aufgaben
Ausstattung
Der primäre Eintritt über eine koordinierende Stelle hat sich in der 1. Welle grundsätzlich bewährt (hier: 1450).
Für die 2. Welle müssen allerdings Lerneffekte verwertet werden: Kollateralschäden durch Fokussierung auf COVID und durch Überlastung sind zu vermeiden. Daher:
Der primäre Zutritt sollte für alle gesundheitlichen Anliegen nach Möglichkeit über die Ebene der Primärversorgung erfolgen, wo in 80–90 % der Fälle die abschließende Behandlung erfolgen kann bzw. die gezielte Weiterleitung im Bedarfsfall. Zu erwägen sind folgende unterstützende Strukturen:
Begründung: 1450 wurde als Anlaufstelle für alle Beschwerden kommuniziert und rezipiert, konnte aber de facto ausschließlich als Clearingstelle für die Initiierung einer Testung fungieren. Zahlreichen Erfahrungsberichten zufolge sind eine Reihe von Kollateralschäden durch lange Wartezeiten und verzögerte Versorgung entstanden.
Der Vorteil der Wahl des primären Ansprechpartners Hausärzt*in liegt auch darin, dass aufgrund meist bekannter Vorgeschichte und Umstände eine raschere und zielsichere Abklärung möglich ist und die Zuständigkeit für alle gesundheitsassoziierten Anliegen die abschließende Behandlung häufig möglich macht.
Da jedoch nicht zu jeder Zeit und an jedem Ort hausärztliche Betreuung erreichbar sein wird bzw. nicht alle in Österreich lebenden Menschen eine Hausärzt*in haben, ist es sinnvoll, von Beginn an Ersatzstrukturen mitzudenken, die auch bei drohender Systemüberlastung wirksam werden. Eine strukturierte Kooperation der verschiedenen Systempartner ist unerlässlich.
Die Beschränkung physischer Kontakte bleibt wichtig. SARS-CoV-2 bleibt als Erreger weiterhin relevant, dazu kommt die saisonal übliche Vielzahl an Erregern von Atemwegsinfektionen, die das System zusätzlich strapazieren werden.
Durch Kontaktreduktion in Kombination mit Abstands- und Hygieneregeln sollte sich ein möglichst großer Teil der Infektionen vermeiden lassen. Die Verteilung von Patient*innen auf mehrere verschiedene Behandlungsstellen ist daher nicht wünschenswert. Die gezielte Weiterleitung nur bei Notwendigkeit spart Wege und Kontakte. Dazu sind, neben der erwähnten abschließenden Behandlung innerhalb der Primärversorgung, mehrere Varianten denkbar: telemedizinische Kontakte zwischen Patient*innen und Ärzt*innen aller Ebenen ebenso wie direkte Kontakte zwischen Hausärzt*innen und Spezialist*innen (Telekonsil). Letztere ermöglichen einen umfassenderen Befundaustausch und eine bessere Dokumentation der Konsultationsergebnisse.
Wesentlich ist, dass alle Patient*innen eine adäquate Behandlung und Betreuung benötigen: Der jederzeitige und geplante Zugang zur adäquaten Betreuung muss gesichert sein.
Die Primärversorgung ist das „Krähennest“ des Gesundheitssystems: dort fallen symptomatische Patient*innen am raschesten auf, und auch die Zunahme eines Infektgeschehens insgesamt wird in der Primärversorgung am raschesten wirksam und damit erkennbar.
Die hausärztliche Primärversorgung muss damit Teil einer einheitlichen und transparenten Teststrategie werden. Testungen müssen – nach Möglichkeit als Point-of-care-Tests (sofort bei Verfügbarkeit geeigneter Testsysteme) – an Ort und Stelle abgenommen werden können, und wenn das nicht möglich ist, durch die Hausärzt*in unkompliziert veranlassbar sein.
Die hausärztliche Primärversorgung kann damit auch einen wesentlichen Beitrag zur ehestmöglichen Aufdeckung neuer Cluster leisten, nicht zuletzt, weil die vertraute Hausärzt*in für viele Menschen niedrigschwellig zugänglich ist.
Die Kenntnis der lokalen Epidemiologie kann, neben der Kenntnis der Patient*innen und der fachlichen Zuständigkeit, wertvolle Unterstützung bei der Testentscheidung liefern.