Bei kindlichem Durchfall richtig (be-)handeln

Herr Dr. Hofer, wann spricht man bei Kleinkindern von akutem Durchfall?

Dr. Thomas Hofer: Von akutem Durchfall bei Kleinkindern spricht man in der Regel bei mehr als drei dünnen bzw. flüssigen Stühlen täglich. Plötzlich auftretender Durchfall bei bisher gesunden Kindern ist meistens Folge einer infektiösen Magen-Darm-Erkrankung. Sehr häufig sind Viren (z. B. Rota- oder Adenoviren) oder durch Bakterien verunreinigte Lebensmittel Auslöser solcher Infektionen.

Was sind die ersten Maßnahmen, um Abhilfe zu schaffen?

Am wichtigsten ist es, die verlorene Menge an Flüssigkeit und Elektrolyten durch eine spezielle orale Rehydrierungslösung zu ersetzen. Wenn zusätzlich auch Erbrechen besteht, sollte die Trinklösung zu Beginn nur löffelweise verabreicht werden. Es bedarf in der Regel keiner speziellen Schonkost – nur stark zuckerhaltige Speisen und Getränke und stark fetthaltige Mahlzeiten sollten zu Beginn gemieden werden.

Wann wird eine Durchfallerkrankung bedrohlich?

Insbesondere Säuglinge und Kleinkinder bis 2 Jahren sind am stärksten gefährdet. Hier kann heftiger Durchfall, besonders, wenn zusätzlich Erbrechen auftritt, schon innerhalb weniger Stunden zu einer Austrocknung führen.
Besonders zu achten ist auf Kinder unter 6 Monaten und Kinder mit Vorerkrankungen, bei hohem Fieber, auffälligem Verhalten (Teilnahmslosigkeit) oder bei sehr starken Durchfällen (> 8–10 Stühlen/Tag) bzw. blutigen Stühlen.

Was ist in diesem Fall zu tun?

Indikationen für eine stationäre Aufnahme sind z. B. eine schwere Exsikkose mit einem Gewichtsverlust von mehr als 10 %, Lethargie bzw. die gescheiterte orale Rehydration.
Im Rahmen des stationären Settings besteht dann die Möglichkeit einer nasogastralen Sondierung oder einer parenteralen Flüssigkeitssubstitution, auch kann zusätzlich die Gabe von z. B. Racecadotril erwogen werden.

Welche Rolle spielt das Alter des Kindes bei den diagnostischen und therapeutischen Überlegungen?

Da insbesondere jüngere Kinder bzw. Säuglinge am gefährdetsten sind, sollte gerade in diesem Patientenkollektiv auf eine sorgfältige Abklärung und eine rasche Therapie geachtet werden. Bei länger bestehenden Durchfällen (Dauer > 3–4 Wochen) sollten je nach Patientenalter auch andere Erkrankungen in Betracht gezogen und dementsprechend weiter abgeklärt werden.

Wie häufig beobachten Sie z. B. Durchfall infolge einer Antibiotikabehandlung?

Antibiotikaassoziierte Diarrhö (AAD) ist eine bekannte Nebenwirkung, die bis zu ein Drittel aller Patienten während einer Antibiotikaeinnahme betrifft. Die Beschwerden können hier von einem meist milden Verlauf bis hin zu einer fulminant verlaufenden pseudomembranösen Colitis reichen. Es ist wichtig, zu wissen, dass die Durchfälle auch erst einige Wochen nach Antibiotikagabe auftreten können.

Inwieweit soll man Probiotika in Kombination mit einem Antibiotikum einsetzen, um Durchfall zu vermeiden?

Die routinemäßige Verordnung von Probiotika während einer Antibiotikatherapie bei Kindern wird nicht empfohlen. Eine präventive Gabe zur Vermeidung antibiotikaassoziierter Diarrhö sollte hinsichtlich möglicher Risikofaktoren, wie z. B. der jeweiligen Antibiotikaklasse, der Dauer der Einnahme, des Patientenalters, eventueller Komorbiditäten, der Notwendigkeit einer stationären Versorgung oder bereits vorausgegangener Episoden antibiotikaassoziierter Durchfälle, abgewogen werden. Welche Probiotika kann man gleichzeitig mit einem Antibiotikum einnehmen? Sollte eine Probiotikagabe erwogen werden, kann bei Kindern der Einsatz von Lactobacillus rhamnosus GG und Saccharomyces boulardii empfohlen werden. S. boulardii insbesondere zur Prävention von Clostridium-difficile-assoziierten Durchfällen.