Die Frau im Fokus

Es beginnt bereits ab der Pubertät und zieht sich durch das ganze Leben: Frauen in
Österreich beschreiben ihr Wohlbefinden schlechter als gleichaltrige Männer. Diese
Diskrepanz zwischen weiblichem und männlichem Gesundheitsempfinden ist nicht in
allen Ländern gleich. Auch die Zahl der in Gesundheit verbrachten Lebensjahre liegt für
Frauen in Österreich weit unter dem EU-Schnitt. Auffällig bei diesen Befragungen ist,
dass Frauen sich in Ländern mit besonders hohem Gleichbehandlungsgrad länger gesund
fühlen als Frauen in Ländern mit geringerem Gleichbehandlungsgrad.
Zwar gehört Österreich nicht unbedingt zu Letzteren, dennoch haben es Frauen in Österreich immer noch schwerer – auch in der Medizin, wie Univ.-Prof. Alexandra Kautzky-Willer im Interview erläutert.

Schwerer haben sie es in der Medizin nicht nur, was ihre Berufskarrieren als Ärztinnen
betrifft (Stichwort: gläserne Decke). Schwerer haben es offenbar auch Patientinnen, was
ihre Wahrnehmung im Gesundheitssystem betrifft:
Immer noch fühlen sich Frauen in Österreich schon im jungen Alter nicht so umfassend
gesund wie gleichaltrige Männer. Vielfach sind Symptome immer noch männlich definiert:
Immer noch werden manche Erkrankungen bei Frauen erst später diagnostiziert als
bei Männern. Immer noch nehmen in Österreich Frauen weit weniger Reha in Anspruch
als Männer.
Auch die Frequenz von Vorsorgeuntersuchungen nimmt bei älteren Frauen ab. Ob Frauen
in einem gewissen Alter sich selbst weniger wichtig nehmen und damit auch weniger
Vorsorge einfordern, ob es tatsächlich auch an einer geringeren gesellschaftlichen Wertschätzung – gerade für die ältere Frau – liegt, die bis in die Gesundheitsversorgung durchschlägt, die Ursachen dafür sind wohl multifaktoriell – und in vielen Bereichen ja auch gar
nicht nur auf Österreich beschränkt: So fehlen etwa genderspezifische Cut-off-Werte
(etwa für kardiovaskuläre Marker) ebenso wie genderspezifische Studiendaten, etwa zur
Alzheimer-Demenz. Obwohl die Mehrheit der hochaltrigen Bevölkerung und damit auch
der Demenzpatienten weiblich ist, ist die Mehrheit in Alzheimer-Studien männlich. Frauen, und hier insbesondere ältere Frauen, sind also in Studien unterrepräsentiert.

Frauengesundheit wird oft immer noch primär mit dem Aspekt der reproduktiven
Gesundheit assoziiert. In der öffentlichen Wahrnehmung wird – neben der Brustkrebsvorsorge – auf Themen rund um Verhütung, Schwangerschaft, Stillen, und dann noch ein
bisschen Vaginalgesundheit und Menopause fokussiert. Das greift für die Frau in jedem
Alter zu kurz und trifft ganz besonders die ältere Frau.
Wir haben in dieser Ausgabe ganz bewusst die Frauengesundheit im ganzheitlichen Verständnis in den Mittelpunkt gerückt. Wo Gesundheitsförderung für Frauen beginnt? Bei
der Erziehung der Mädchen, sagt Alexandra Kautzky-Willer.