Die Österreichischen Bewegungsempfehlungen für Erwachsene

Die gesundheitlichen Wirkungen von körperlichem Training auf die Gesundheit sind unumstritten. Die Österreichischen Bewegungsempfehlungen wurden im Jahr 2020 gemäß der aktuellen wissenschaftlichen Literatur und im Einklang mit internationalen Bewegungsempfehlungen überarbeitet und neu aufgelegt. Sie geben darüber Auskunft, welche Qualität, Intensität, Häufigkeit und Dauer an Bewegung empfohlen wird, um Gesundheitswirkungen zu erreichen. Die Bewegungsempfehlungen wurden für verschiedene Zielgruppen formuliert: Kinder im Kindergartenalter, Kinder und Jugendliche, Erwachsene, ältere Erwachsene, Frauen während einer unkomplizierten Schwangerschaft und danach. Erwachsene mit chronischen Erkrankungen (Tab.). Menschen mit Körper-, Sinnes- oder Mentalbehinderungen wurden immer eingeschlossen. In diesem Artikel werden die Bewegungsempfehlungen für Erwachsene (inklusive chronischer Erkrankungen) im Speziellen diskutiert.

 

 

Will man zumindest die Minimumanforderungen der Österreichischen Bewegungsempfehlungen erfüllen, ist es notwendig, sowohl die muskelkräftigenden Übungen zweimal pro Woche als auch die ausdauerorientierte Bewegung mit mindestens mittlerer Intensität 150 bis 300 Minuten pro Woche auszuüben.Die wesentlichen Neuerungen an dieser Auflage der Bewegungsempfehlungen sind, dass muskelkräftigende Aktivitäten den ausdauerorientierten Bewegungen vorangestellt sind, dass der minimale Bewegungsumfang pro Woche als Range dargestellt ist, dass es keine Mindestzeit von 10 Minuten mehr braucht, damit die Bewegung als gesundheitswirksam einzustufen ist, und dass erstmalig Sitzen in den Bewegungsempfehlungen adressiert ist.

Bewegung und chronische Erkrankungen

Körperliche Aktivität hat bei vielen chronischen Krankheiten sehr unterschiedliche positive Auswirkungen, die jedoch wechselseitig miteinander in Beziehung stehen können und sich optimalerweise gegenseitig verstärken.

 

Wissenswertes für die Praxis
Erwachsenen mit oder ohne chronische Erkrankungen wird empfohlen, zweimal wöchentlich muskelkräftigende Aktivitäten auszuüben und mindestens 150 bis 300 Minuten in der Woche ausdauerorientierte Bewegungen durchzuführen, mit mindestens mittlerer Intensität.
Spezifische Beratung zu körperlicher Aktivität sollte bei keiner ärztlichen Konsultation fehlen. Zusätzlich gilt es, Schnittpunkte zu zielgruppenspezifischen Bewegungsprogrammen zu schaffen.
Bewegung hat in der Prävention, Kuration und Rehabilitation chronischer Erkrankungen einen besonderen Stellenwert.

 

Hier sind einige dieser Effekte dargestellt:

  1. Bewegung trägt dazu bei, dass sich das generelle Wohlbefinden, die Lebensqualität und somit die Gesundheit verbessern, unabhängig von der Krankheit.
  2. Bewegung kann bei vielen chronischen Krankheiten ein Teil der kurativen Therapie sein, insbesondere bei chronischen Krankheiten, die durch Bewegungsmangel (mit)verursacht werden.
  3. Bei diesen Erkrankungen kann Bewegung dazu beitragen, das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern.
  4. Bewegung hilft dabei, der Entstehung von zusätzlichen Sekundärerkrankungen entgegenzuwirken, die möglicherweise durch die Primärerkrankung begünstigt würden.
  5. Bewegung trägt bei chronischen Krankheiten dazu bei, dass sich die Funktionalität verbessert und Symptome (beispielsweise Schmerz) reduziert werden, wodurch Personen trotz chronischer Erkrankung mit dem täglichen Leben besser zurechtkommen.

Folgende chronische Krankheiten sind Paradebeispiele, bei denen die Bewegungsempfehlungen für Erwachsene angewendet werden sollen. Die Auswahl wurde basierend auf der Prävalenz und dem aktuellen Wissensstand zur Risikoreduktion durch regelmäßige Bewegung getroffen.

  • Hypertonie
  • muskuloskelettale Erkrankungen wie Arthrosen, Osteoporose oder chronische Rückenschmerzen
  • „common mental disorders“ wie Depressionen, Angststörungen und Belastungsstörungen
  • ischämische Herz-Kreislauf-Erkrankungen, inklusive Nachsorge kardiovaskulärer Ereignisse wie Herzinfarkt und Schlaganfall
  • Adipositas
  • Diabetes mellitus Typ 2
  • Krebserkrankungen

Einige wissenschaftliche Fachgesellschaften beschrieben auf Basis nationaler und internationaler Bewegungsempfehlungen bereits spezifische Leitlinien. Weitere Fachgesellschaften sind dazu eingeladen, basierend auf den allgemeinen Bewegungsempfehlungen für Erwachsene mit chronischen Erkrankungen spezielle Bewegungsempfehlungen bzw. Umsetzungsempfehlungen zu formulieren.

Sichere Bewegung bei Menschen mit chronischen Erkrankungen

Wenn Einschränkungen betreffend Bewegungsart, -dauer, -häufigkeit oder -intensität gegeben sind, wird empfohlen, im Rahmen einer ärztlichen Beratung und durch Gespräche mit anderen Gesundheits- oder Bewegungsfachpersonen zu klären, wie individuelle Anpassungen der Bewegungsempfehlungen vorzunehmen sind. Gegebenenfalls wird empfohlen, gemeinsam mit einer Ärztin oder einem Arzt zu entscheiden, ob die selbstständige Durchführung körperlicher Aktivität sicher und angemessen oder ob eine fachliche Betreuung angebracht ist. In Phasen der Krankheitsprogression, mangelnder Krankheitskontrolle oder einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes wird empfohlen, den professionellen Rat von Personen aus Gesundheitsfachberufen einzuholen, weil z. B. veränderte körperliche Aktivitäten oder eine Aktivitätspause notwendig sein könnten.


Literatur:

  • Fonds Gesundes Österreich (Hrsg.) (2020): Österreichische Bewegungsempfehlungen (Wissensband 17), Wien
  • Titze S, Lackinger C, Fessl C, Dorner TE, Zeuschner V, Österreichische Bewegungsempfehlungen für Erwachsene und ältere Erwachsene ohne und mit Körper-, Sinnes- oder Mentalbehinderung sowie für Menschen mit chronischen Erkrankungen. Gesundheitswesen 2020 Sep; 82(S 03):S170–S176.