Eisenmangel ist die weltweit häufigste Mangelerkrankung und betrifft vor allem Frauen. Die Ursachen sind oft vielschichtig, und eine unzureichende Therapie kann in vielen Fällen zu einem unnötig langen Leidensdruck führen.
Eisenmangel kann aus einem verstärkten Verlust, einem erhöhten Verbrauch, einer gestörten Resorption oder einer mangelnden Zufuhr resultieren. Frauen sind aufgrund von Menstruation, Schwangerschaft und Stillzeit für die Entwicklung von Eisenmangel besonders anfällig. Zu den Hauptursachen zählen:
- Menstruationsblutungen: Besonders junge Frauen mit starker Menstruation (Hypermenorrhö) verlieren regelmäßig größere Mengen an Blut und damit an Eisen.
- Schwangerschaft und Stillzeit: Der Bedarf an Eisen steigt in der Schwangerschaft um das Siebenfache an, da das heranwachsende Kind und die Plazenta mitversorgt werden müssen. Stillende Frauen verlieren zudem über die Muttermilch weiteres Eisen.
- Perimenopause: Frauen am Übergang zur Menopause haben oft durch verstärkte oder unregelmäßige Blutungen ein höheres Risiko für die Entwicklung eines Eisenmangels.
- Vegetarische oder vegane Ernährung: Eisen aus pflanzlichen Quellen wird weniger effizient aufgenommen als Hämeisen aus tierischen Produkten.
- Sportlerinnen: Intensives Training erhöht den Eisenbedarf. Die Ursachen sind unter anderem auch der erhöhte Erythrozytenabbau durch mechanische Belastung (z. B. „Läuferanämie“) oder verstärkte Eisenverluste über den Schweiß.
Darüber hinaus können gastrointestinale Erkrankungen wie Zöliakie, chronisch entzündliche Darmerkrankungen oder die langfristige Einnahme von Protonenpumpeninhibitoren die Eisenaufnahme beeinträchtigen. Durch längerdauernde Einnahme von NSAR (z. B. Ibuprofen, Acetylsalicylsäure/ASS) kann es zur Entstehung von Schleimhautläsionen und damit gastrointestinalem Blutverlust kommen.
Diagnostik: Symptome plus Labor
Die Diagnose eines Eisenmangels erfolgt über eine Kombination aus klinischen Symptomen und Labordaten. Zu den typischen Symptomen gehören Müdigkeit, Blässe, Haarausfall, brüchige Nägel und Konzentrationsprobleme sowie Erschöpfung bzw. Fatigue bis hin zu depressiver Verstimmung. Bei ausgeprägtem Eisenmangel kommt es oft zur Entwicklung einer Anämie und zusätzlicher Symptome wie Atemnot und Herzrasen.
Isolierter Eisenmangel ohne Anämie kann oft die gleichen Symptome hervorrufen wie eine Eisenmangelanämie.
Für die Praxis: Besonders wichtig ist zu betonen, dass wir keinen Laborbefund, sondern eine Person mit Symptomen behandeln.
Leider kommen immer wieder Frauen mit ausgeprägten Symptomen und grenzwertigen Befunden in die Praxis. Diese wurden oft jahrelang unzureichend behandelt, weil der Eisenmangel den behandelnden Kolleg:innen im Laborbefund zu wenig ausgeprägt erschien. Eisenmangeltherapie ist keine Lifestyle-Medizin! Einige Frauen fühlen sich erst bei höheren Ferritinwerten wirklich wohl.
Wichtige Laborparameter:
- Ferritin: ist der wichtigste Marker für die Eisenspeicher. Werte <30µg/l sprechen für einen ausgeprägten Mangel.
- Transferrinsättigung: gibt Auskunft über die Verfügbarkeit von Eisen für die Erythropoese. Werte < 20 % weisen auf einen Mangel hin.
- Hb-Wert: Ein erniedrigter Hämoglobinwert (< 12 g/dl bei Frauen) bedeutet Eisenmangelanämie.
- CRP-Wert: Erhöhte Entzündungswerte (z. B. bei chronischen Erkrankungen) können den Ferritinwert künstlich erhöhen, wodurch ein tatsächlicher Eisenmangel maskiert wird und eine Fehleinschätzung der Eisenreserven möglich ist.
Für die Praxis: Viele Labore verwenden weiterhin veraltete, zu niedrige Referenzwerte für die Eisenbewertung. Dies führt häufig dazu, dass ein Eisenmangel erst in einem fortgeschrittenen Stadium erkannt wird, wodurch betroffene Patientinnen über einen längeren Zeitraum unnötig unter reduzierter Lebensqualität leiden.
Die Eisenspeicher auffüllen
Die Behandlung des Eisenmangels umfasst neben dem Versuch einer Ursachenbekämpfung vor allem die Auffüllung der Eisenspeicher. Die Wahl der Therapie hängt von verschiedenen Faktoren wie der Schwere des Mangels, der Verträglichkeit und den individuellen Lebensumständen der Patientin ab.
Orale Eisenpräparate sind die erste Wahl bei mildem bis moderatem Eisenmangel, insbesondere wenn keine Malabsorption vorliegt. Sie sind einfach anzuwenden und kostengünstig. Die gängigsten Präparate enthalten:
- Eisen(II)-Salze (z. B. Eisen[II]-sulfat): hohe Bioverfügbarkeit, jedoch oft mit gastrointestinalen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Verstopfung oder Bauchschmerzen assoziiert
- Eisen(III)-Verbindungen (z. B. Eisen[III]-hydroxid-Polymaltose): bessere Verträglichkeit, da das Eisen in stabiler Form vorliegt, jedoch geringere Resorption
Dosierung und Anwendung:
- typische Dosierung: 50–100 mg elementares Eisen pro Tag
- Einnahme auf leeren Magen verbessert die Resorption, kann aber die Nebenwirkungen verstärken. Vitamin C (z. B. ein Glas Orangensaft) fördert die Aufnahme.
Intravenöse Eiseninfusionen sind indiziert bei schwerem Eisenmangel, Malabsorption, Unverträglichkeit der oralen Präparate oder wenn ein schneller Anstieg des Eisenspiegels erforderlich ist (z. B. in der Schwangerschaft oder vor Operationen).
Moderne Eiseninfusionen:
- Eisensucrose: bewährt, jedoch mehrere Sitzungen erforderlich, da die maximale Einzeldosis 200 mg beträgt
- Eisencarboxymaltose: erlaubt hohe Einzeldosen (bis zu 1.000 mg), was die Behandlung deutlich vereinfacht
- Eisenderisomaltose: hohe Einzeldosen möglich (bis 20 mg/kg Körpergewicht pro Woche), geringes Hypophosphatämierisiko
Vorteile der Infusionen:
- schnelle Auffüllung der Eisenspeicher und damit raschere Beschwerdefreiheit
- keine gastrointestinalen Nebenwirkungen
- kein Einfluss durch Nahrungsmittel oder Medikamente
Nebenwirkungen:
- lokale Reaktionen an der Injektionsstelle
- selten allergische Reaktionen, die eine Überwachung während der Infusion erfordern
- Die Hypophosphatämie (nach Eisencarboxymaltose) ist eine Nebenwirkung, die durch eine erhöhte Fibroblasten-Wachstumsfaktor-(FGF23-)Aktivität zu einer gesteigerten renalen Phosphatausscheidung führen kann. In der Literatur wird sie insbesondere nach wiederholter Anwendung und bei Malabsorptionssyndromen (z. B. Zöliakie, bariatrische Chirurgie) aufgrund verringerter Phosphataufnahme beschrieben.