Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) ist die häufigste primäre Leberneoplasie und stellt weltweit eine der führenden Ursachen für krebsbedingte Mortalität dar. Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 50. und dem 60. Lebensjahr, und die jährliche Inzidenz liegt bei ca. 7/100.000 Personen, wobei Männer häufiger erkranken als Frauen.
Rund 80 % der HCC entstehen auf dem Boden einer Zirrhose, und wiederum 1–8 % aller Zirrhosepatient:innen entwickeln im Laufe ihres Lebens ein HCC. Der Hauptrisikofaktor für die Entstehung eines HCC ist daher das Vorliegen einer Zirrhose, unabhängig von der zugrunde liegenden Ätiologie. Aber auch chronische Hepatopathien ohne vorbestehende Zirrhose wie Virushepatitis B oder C oder Metabolic Dysfunction-associated Steatotic Liver Disease (MASLD) erhöhen das Risiko einer HCC-Entstehung relevant.
Aus diesem Grund wird für gewisse Patientenkollektive eine HCC-Surveillance empfohlen. Diese umfasst die repetitive Durchführung einer Lebersonografie im 6-Monats-Intervall und die serielle AFP-Bestimmung. Dadurch soll gewährleistet sein, dass das HCC in möglichst frühen Tumorstadien diagnostiziert und den betroffenen Patient:innen eine kurative Therapieoption angeboten werden kann. Ein regelmäßiges HCC-Screening soll erfolgen bei:
Bei Patient:innen mit bestehender Zirrhose ist die Diagnostik der Wahl eine kontrastmittelverstärkte multiphasische Schnittbilduntersuchung (MRT oder CT). Die MRT sollte aufgrund der besseren Sensitivität und des besseren negativen Vorhersagewertes bevorzugt werden. Bei vorbestehender Leberzirrhose ist ein HCC-typisches Kontrastmittelverhalten eines Herdes diagnosesichernd: arterielle Hypervaskularisation mit raschem Wash-out in der portalvenösen Phase.
Bei unklaren bildgebenden Befunden und bestehender Zirrhose soll eine Biopsie durchgeführt werden. Zur Diagnose eines HCC bei Patient:innen ohne Zirrhose wird bei bildgebendem Verdacht nach wie vor eine histologische Sicherung mittels Biopsie gefordert.
Vor Festlegung des therapeutischen Prozederes muss neben der Tumordiagnose das Tumorausmaß (Anzahl und Größe der Tumorherde, Gefäßeinbrüche) beschrieben werden. Ein Staging mittels Schnittbilduntersuchung Thorax/Abdomen/Becken zum Ausschluss von Fernmetastasen ist ebenfalls obligat. Zudem ist eine genaue Evaluierung der Leberfunktion und der portalen Hypertension – vor allem bei Patient:innen mit vorbestehender Leberzirrhose – essenziell, um die weiteren Therapiealternativen zu evaluieren.
Die Therapie des HCC richtet sich nach dem Tumorstadium gemäß der Barcelona-Clinic-Liver-Cancer-(BCLC-)Klassifikation. In dieser Klassifikation werden neben dem Tumorausmaß auch die Leberfunktion (Child-Pugh-Stadium) und der Allgemeinzustand der Patient:innen (ECOG-[Eastern-Cooperative-Oncology-Group-]Status) bewertet.
Kurative Optionen wie Resektion, Lebertransplantation und ablative Verfahren (z. B. Radiofrequenzablation) stehen in den frühen Stadien (BCLC 0 und A) zur Verfügung. In den fortgeschrittenen Stadien (BCLC B und C) stehen palliative Therapieoptionen wie z.B. transarterielle Chemoembolisation (TACE) oder Systemtherapien zur Verfügung.
Patient:innen im BCLC-D-Stadium, gekennzeichnet durch eine schlechte Leberfunktion (meist Child-Pugh-Stadium C) und einen schlechten Allgemeinzustand (Performance Status 3–4), werden, unabhängig von der Tumorlast, im Sinne eines Best-Supportive-Care-Konzeptes behandelt.
Die systemische Therapie des HCC hat in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte gemacht. Früher waren Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI) die einzigen zugelassenen Erstlinientherapien, heute stehen mehrere effektive systemische Therapieoptionen zur Verfügung.
Die Kombination aus Atezolizumab (Anti-PD-L1) und Bevacizumab (Anti-VEGF) hat sich als neuer Standard in der Erstlinienbehandlung etabliert. Die IMbrave150-Studie zeigte eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens und des progressionsfreien Überlebens im Vergleich zu Sorafenib. Bei 2 weiteren immunonkologischen (IO-)Therapieregimen wurde eine Überlegenheit gegenüber der Standard-TKI-Therapie bewiesen, diese sind nun ebenfalls in der Erstlinientherapie des HCC zugelassen: Durvalumab (Anti-PD-L1)/Tremelimumab (Anti-CTLA-4) und Nivolumab (Anti-PD-1)/Ipilimumab (Anti-CTLA-4). Sollten Kontraindikationen gegen eine IO-Therapie vorliegen (z.B. Z.n. Organtransplantation, schwere Autoimmunerkrankung), können weiterhin die TKI Lenvatinib oder Sorafenib, die Multikinase-Inhibitoren sind, eingesetzt werden.
Für Patient:innen, die unter Erstlinientherapie progredient sind, stehen mehrere Optionen – meist TKI – zur Verfügung: Regorafenib oder Cabozantinib als Vertreter der TKI, Ramucirumab als VEGFR-2-Inhibitor.
Die Entwicklung neuer Kombinationstherapien, insbesondere mit Immuntherapeutika, ist ein vielversprechender Ansatz. Kombinationen mit IO und TKI und deren möglicher Einsatz im neoadjuvanten und adjuvanten Setting sind aktuell Gegenstand zahlreicher Studien und könnten die Behandlungslandschaft weiter verändern.